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Nur ein Spiel?

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Mit den Eltern spielen, heißt fürs Kind auch: fürs Leben lernen.

Nur ein Spiel?

Von: Rosemarie Keuler-Breit
Wie wichtig es für die kindliche Entwicklung ist, wenn Eltern mit ihren Kindern spielen – damit beschäftigt sich die „Paulinus“-Lebensberatung.

Wie sie ihr Kind gut auf sein späteres Leben vorbereiten können, ist für Eltern eine wichtige Frage. Sie sehen sich einer Vielzahl von Angeboten gegenüber, die altersmäßig immer früher ansetzen und eine optimale Förderung in einzelnen Bereichen der Persönlichkeitsentwicklung versprechen. Es wächst der Druck, das Richtige auszuwählen, und zeitlich alles zu bewältigen. Die Folge ist, dass die Kinder immer weniger Zeit haben, zu spielen. Die Bedeutung des Spiels für die kindliche Entwicklung rückt immer mehr aus dem Blick.

Der Entwicklungspsychologe Rolf Oerter zeigt auf, dass Spielen im Vorschulalter eine lebensnotwendige Aktivität des Kindes ist. (Oerter 1993).

Kennzeichnend für das kindliche Spiel ist, dass die Kinder ihr Handeln selbst bestimmen. Sie begegnen ihrem Körper und der Umwelt mit Neugier und dem Drang, diese zu erforschen. Kinder nutzen jede Aktivität, besonders die spielerische, um sich zu entwickeln. Sie schaffen sich ihre eigene Wirklichkeit, tauchen darin ein, wiederholen bestimmte Spielabläufe. Hierdurch sammeln sie wichtige Lebenserfahrungen und verarbeiten ihre Erlebnisse.

Die Entwicklung des kindlichen Spiels

Die erste Form des Spielens wird als Funktionsspiel bezeichnet. Der Säugling spielt mit den Fingern, greift nach seinen Füßen, ertastet, steckt in den Mund. Im nächsten Schritt greift und erkundet er Gegenstände aus seiner Umgebung. Mit Hilfe seiner Sinne gewinnt er erste Erkenntnisse über den Körper und die Umwelt. Er koordiniert zunehmend seine Handlungen. Wenn das Kind krabbeln und laufen lernt und Gegenstände halten kann, versucht es, damit umzugehen: sie auseinander zu nehmen, wieder zusammen zu fügen, zu bauen. Das Gehirn ordnet die Sinneseindrücke, wertet sie aus und speichert wichtige Informationen. Das Denken wird gefördert, neue Handlungsmöglichkeiten erschließen sich. Das Kind gewinnt zunehmend die Kontrolle über seinen Körper. Es nutzt diese Fähigkeit im Umgang mit seiner Umgebung. Durch die frühe „begreifende Erfahrung“ des eigenen Körpers und der Umgebung entwickeln sich, wenn die Gegenstände und Körperteile benannt werden, die Begriffsbildung und die Sprache.

In der folgenden Phase, der des Symbolspiels oder des Als-Ob-Spiels (ab etwa zwei Jahre) deutet das Kind die Gegenstände nach eigenen Wunsch- und Zielvorstellungen um. In die Handlungen fließen seine Erfahrungen mit ein. Der Stuhl wird zum Auto, der Kochlöffel zum Zauberstab, das Klötzchen zur Tasse, aus der die Puppe trinken darf. Im vierten Lebensjahr ist es in der Lage, verschiedene Aspekte eines Gegenstandes oder einer Situation einzubeziehen. Es gibt jetzt nicht nur seiner Puppe zu trinken, sondern auch seiner Mutter.

Rollenspiel und Regeln

Im Miteinander des Rollenspiels entwickeln Kinder neue Ideen, wie sie das Spielgeschehen gestalten können. Sie bringen ihre Wünsche, Gefühle und Erfahrungen mit ein. Durch das Zusammenspiel lernen sie auch, die der anderen wahrzunehmen, sich in sie hineinzudenken und einzufühlen. Die Möglichkeit, Spielsequenzen immer wieder neu zu gestalten, fördert die sprachlichen Fertigkeiten.

Mit Schulbeginn interessieren sich Kinder zunehmend für Spiele, in denen der Ablauf durch feste Regeln bestimmt wird, die Regelspiele (Fußball, Karten-, Brettspiele). In ihnen geht es ums Kräftemessen, Gewinnen und Verlieren und den Umgang mit Gefühlen, wie Freude über die eigene Geschicklichkeit oder Enttäuschung und Ärger über Niederlagen.

Wichtiger Schritt zur guten Lebensgestaltung

Untersuchungen, die die Auswirkungen des Spielverhaltens auf die Persönlichkeitsentwicklung beinhalten, kommen zu dem Ergebnis, dass Kinder, die intensiv spielen, gegenüber den Kindern, die hieran wenig Interesse zeigen, in den wichtigen Bereichen einer erfolgreichen Lebensgestaltung bessere Ergebnisse aufweisen: Sie nehmen die eigenen Gefühle (Angst, Trauer, Wut, Freude) eher wahr und entwickeln Möglichkeiten, mit diesen umzugehen; sie können Enttäuschungen eher verarbeiten.

Die Folge ist, dass sie zufriedener, ausgeglichener und belastbarer sind und eine geringe Aggressionsbereitschaft haben; sie sind offener für Kontakte und verfügen über mehr Möglichkeiten, diese zu gestalten; sie können sich in andere eher einfühlen, zeigen sich hilfsbereit und verständnisvoll; sie sind aber auch fähig, sich zu behaupten und Konflikte auszutragen; ihre fein- und grobmotorischen Fertigkeiten und die Körperbeherrschung sind besser entwickelt; sie können Situationen und Zusammenhänge eher erfassen, sich besser konzentrieren und besser sprachlich ausdrücken.

Kindern Zeit zum Spielen geben

Welche Unterstützung brauchen Kinder, um ihr Spielverhalten zu entwickeln? Kinder brauchen, um intensiv spielen zu lernen:

  • Erwachsene, die ihnen Zeit und Ruhe zum Spielen geben und eine Umgebung, die ansprechend und erlebnisreich ist, ausgewogen in der Vielzahl der Anregungen.
  • Erwachsene, die Kindern helfen, ins Spiel zu finden.
  • Erwachsene, die Interesse an ihrem Spiel zeigen, die sich Zeit nehmen, die mit Freude und Neugierde dabei sind.
  • Erwachsene, die den Spielverlauf nicht bestimmen, die Anregungen geben, die sich auf die kindlichen Vorstellungen einlassen.
  • Erwachsene, die ihre eigenen Empfindungen aber auch die ihrer Kinder ernst nehmen und die sie und deren Spiel nicht abwerten.
  • Erwachsene, die auftretende Langeweile aushalten können.
  • Erwachsene, die im Blick haben, dass gleichaltrige Spielpartner wichtig sind.

Spielzeugauswahl

Aspekte, die bei der Auswahl des Spielzeugs wichtig sind:

Es sollte das Alter der Kinder berücksichtigen; belastbar und haltbar sein. Es sollte einfach gestaltet sein und vielfältige Spielmöglichkeiten bieten. Spielmaterialien, deren Einsatzmöglichkeiten variabel sind und die ergänzt werden können, regen die Phantasie der Kinder an, fördern ihre Kreativität und ein längerfristiges Interesse. Beispielsweise spricht eine Ritterburg, deren Bauelemente und Figuren genau vorgegeben sind, die Kinder spontan an. Längerfristig bleibt für sie aber die Burg interessanter, die sie aus einem offenen Bausystem mit unterschiedlichen Figuren immer wieder neu gestalten können. Verlorene Einzelteile hindern hier nicht am Weiterbauen. Ein Puppenhaus, das rudimentär eingerichtet ist, läd eher zum Ausgestalten ein als ein perfekt eingerichtetes. Kinder halten hierbei nach Gegenständen Ausschau, die sie für ihr Spiel nutzbar machen können. (Pappkartons, Stoffreste, Becher, alte Kleider …).

Es sollte unterschiedliche Spielformen ermöglichen (ruhige Spiele, Bewegungsspiele, Einzel- und Gemeinschaftsspiele). Es sollte Interessen und Fähigkeiten des Kindes berücksichtigen, Bezug nehmen auf aktuelle Lebenserfahrungen beispielsweise Ferienerlebnisse (ein Schiff, Tiere, aus dem Zoo oder vom Bauernhof). Die Auswahl von Spielen durch die Eltern kann aber auch einmal unter einem ganz anderen Gesichtspunkt erfolgen: Lieblingsspiele aus der eigenen Kinder- und Jugendzeit. Vielleicht kommen dabei wieder klassische Brett und Kartenspiele wie beispielsweise Mau-Mau oder Mensch-ärgere-dich-nicht zum Einsatz. Manchmal entdecken die Eltern hierbei die eigene Spielfreude und Spontaneität wieder und gewinnen im Zusammenspiel mit den eigenen Kindern neue Erfahrungen, die für alle bereichernd sind.

Lebensberaterin Rosemarie Keuler-Breit. Foto: privat
Lebensberaterin Rosemarie Keuler-Breit. Foto: privat
Unsere Autorin Rosemarie Keuler-Breit ist Diplom-Pädagogin in der Lebensberatungsstelle Neuwied.




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