Paulinus - Wochenzeitung im Bistum Trier

Paulinus - Kopfbereich:

Paulinus - Inhalt:
Paulinus - Hauptinhalt:
Aktivist für Lebensmittel

Foto: Michael Kinnen
Michael Schieferstein kämpft für einen bewussten und verantwortlichen Umgang mit Lebensmitteln.

Aktivist für Lebensmittel

Von: Michael Kinnen | 1. Juni 2014
Michael Schieferstein ist Koch. Als „Foodfighter“ kämpft er gegen Lebensmittelverschwendung.

Michael Schieferstein ist Küchenmeister und nennt sich „Foodfighter“. Er kämpft als gelernter Koch und langjähriger Ausbilder für eine größere Wertschätzung von Nahrungsmitteln und setzt sich gegen die Verschwendung ein. Bei einer Weltreise hat er erlebt, unter welchen Bedingungen manche Lebensmittel produziert werden, die hierzulande in den Supermarktregalen angeboten werden: in riesigen Gewächshäusern unter Einsatz von Pestiziden und in anderen Massenproduktionsanlagen. Oft werden Lebensmittel in den globalisierten Abläufen fern von dem Ort gezüchtet, an dem sie gegessen werden – mit hohem Energie- und Transportaufwand und unter oft tier- und menschenunwürdigen Verhältnissen, wie Schieferstein sagt: „Das kann ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren.“

Ausbeutung von Mensch, Tier und Umwelt, damit es hier bei uns rund um die Uhr und jederzeit das gibt, worauf man gerade Lust hat: Erdbeeren im Winter, Fleisch in allen Variationen, exotische Früchte und seltene Feinschmecker-Köstlichkeiten. Der „Foodfighter“ wehrt sich dagegen. Er ist Aktivist für Lebensmittel – im eigentlichen Wortsinn: „Weil sie Mittel zum Leben sind“, wie er betont, Lebens-Mittel eben.

Lebensmittel wegwerfen geht für ihn gar nicht

„Projekt Globaler Wegwerf-Wahnsinn“ hat er ein Buch überschrieben, in dem er nicht nur seine Erfahrungen und Erlebnisse aus drei Jahrzehnten Küchenerfahrung schildert, sondern auch ganz praktisch Rezepte auflistet, wie auch aus vermeintlichen Resten und Abfällen noch leckere Gerichte entstehen. Sein Klassiker und die Basis: der Gemüsefond aus allen Gemüseresten der Küche. Er kocht in seiner Küche möglichst ohne Reste, verwertet alles, was er bekommen kann; wirft Sachen nicht schon weg, nur weil das eingedruckte Mindest-Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist, aber sonst alles in Ordnung wäre. Dass nach Studien der Welternährungsorganisation FAO jährlich weit über eine Milliarde Tonnen essbarer Lebensmittel weggeworfen werden, hängt in den Industrieländern oft auch mit einem unbedachten Konsum zusammen: Kaufen, was in den Regalen ist – und Wegwerfen, wenn es längere Zeit ungenutzt im Kühlschrank stand.

Auch kirchliche Hilfswerke wie Misereor weisen immer wieder auf die fatalen Folgen eines unbedachten Konsums hin. „Alle vier Sekunden stirbt ein Mensch an den Folgen des Hungers, jeder vierte davon ist ein Kind unter fünf Jahren“, erklärt Misereor und fordert: „Das Menschenrecht auf Nahrung muss Vorrang vor dem Streben nach Gewinn haben.“ Angesichts dieser Situation ist die Lebensmittelverschwendung „eine Todsünde“, sagt Michael Schieferstein.

In Fernsehauftritten, öffentlichen Vorträgen und in zahlreichen Veranstaltungen verweist er immer wieder auf die ungerechten und letztlich „tödlichen“ Produktionsweisen: Wenn Konzerne wegen der Kostenkalkulationen die Globalisierung nutzen, um ihre Produkte am für sie günstigsten Ort herzustellen, bleiben dabei oft die Energie- und Klimaeffizienz und auch die gerechte Verteilung der Nutzung von Ackerflächen für die Bevölkerung vor Ort auf der Strecke, die zunehmend Hunger leidet. Auch Misereor fordert deshalb einen grundlegenden Wandel in der Agrarpolitik. Es gelte, Kleinbauern zu fördern, um Abhängigkeiten zu verhindern.

Der Verbraucher ist mitverantwortlich

Besonders gravierend ist es für Michael Schieferstein, wenn Lebensmittel in den Ländern der so genannten „Ersten Welt“ gar nicht konsumiert werden, sondern ungenutzt in der Abfalltonne landen, weil das Mindest-Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Ihn ärgert auch, dass Lebensmittel gar nicht in den Handel kommen, aussortiert und vernichtet werden – weil die Karotte nicht so gewachsen ist wie im Bilderbuch oder der Apfel nicht die gewünschte Form hat. Hier reagiert der Handel auf die eigenwilligen Vorstellungen der Kunde.

Das bedeutet im Umkehrschluss, dass der Verbraucher selbst schon mit seiner Kaufentscheidung am Supermarktregal die globalen Zusammenhänge beeinflussen kann: Angebot und Nachfrage bedingen sich hier.

Michael Schieferstein, der als Sachverständiger auch schon vor dem Bundestags-Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sprach, geht mit seiner Idee auch in Schulen, um Kindern einen bewussteren Umgang mit Lebensmitteln beizubringen. Eine Grundschulklasse in Mainz etwa lernt bei den Aktionsstunden mit ihm nicht nur die Lebensmittel auch jenseits der Plastikverpackung kennen, sondern stärkt – ganz nebenbei – auch ihr Sozialverhalten untereinander. „Hier erfahren die Schüler wie es ist, in der Gruppe zu arbeiten, Projektarbeit zu machen und dann noch gemeinsam zu essen, mit Liebe zu essen, mit Genuss. Die lecken sogar den Teller ab“, berichtet Schieferstein.

Manche sagen vielleicht, er sei ein Idealist, ein Träumer – oder eben ein Kämpfer, der für seine Sache brennt. Ein Kämpfer gegen das Verschwenden. Für ihn kommt seine Motivation auch aus seinem christlichen Glauben. „Unser tägliches Brot gib uns heute“, heißt es im Gebet des Vaterunsers.

Vorbild Großmutter

Das hat er schon aus Großmutters Zeiten gelernt, nicht nur im Wortlaut. Das habe er auch konkret erlebt bei seiner Großmutter, wie sie mit dem „täglichen Brot“ umgegangen sei: wie kostbar es gewesen sei und wie behutsam die Kinder damit umgehen mussten. „Beim Brot hat meine Oma selbst das letzte Stück noch verwertet“, sagt Schieferstein. „Wir müssen wieder mehr Verantwortung lernen, damit unsere Kinder auch noch etwas zu essen haben. Dafür kämpfe ich.“

Die allgemeine „Wegwerfkultur“ hat Auswirkungen auf alle Bereiche bis zum menschlichen Leben selbst, wie Papst Franziskus in seiner Neujahrsansprache betonte: „Leider werden heute nicht nur Nahrung und überflüssige Güter zu Abfall, sondern oft werden sogar die Menschen weggeworfen, als wären sie nicht notwendige Dinge.“ Das Umdenken beim globalen „Wegwerf-Wahnsinn“ beginnt dabei manchmal schon auf dem Teller, der gerade vor einem steht.

  • Buch-Tipp
    Michael Schieferstein, Projekt Globaler Wegwerf-Wahnsinn.
    Mit Vorworten von Elvira Drobinski-Weiß, Verbraucherpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion; Michael Ebling, Oberbürgermeister der Stadt Mainz, Valentin Thurn, Autor und Filmemacher von „Taste the Waste“ u. a.;
    Zahlreiche Rezepte;
    Eigenverlag, 1. Auflage 2013, ISBN: 978-3-00-041267-7, 13,90 Euro,
    zu beziehen über www.foodfighters.biz/buecher.html.
    Weitere Infos unter www.foodfighters.biz



Paulinus - Marginalinhalt:

Im Blickpunkt

„Paulinus“-Leserreise 2023

Die drittgrößte Mittelmeerinsel – von der Natur reich beschenkt – erwartet Sie: Zypern ist ein Dorado für Entdecker! Abwechslungsreiche Landschaften, malerische Häfen, einsame Dörfer, Kirchen und Klöster, sanfte Hügel und bizarre Steilküsten bilden einen schönen Kontrast.


Lebensberatung im Paulinus

An dieser Stelle beantworten regelmäßig Lebensberaterinnen und -berater aus den Einrichtungen des Bistums Trier Fragen zu verschiedenen „Problemfeldern“ des Lebens, zum Beispiel aus den Bereichen Erziehung, Ehe oder Familie. Wenn Sie zu einem Problem Beratung oder Antworten suchen, können Sie sich entweder an die „Paulinus“-Redaktion, Postfach 3130, 54221 Trier, oder direkt an die Lebensberatungsstellen im Bistum Trier wenden. Viele Paulinus-Beiträge aus der Praxis der Lebensberater finden Sie im Paulinus-Archiv/Lebensberatung.


Einfach Leben

Ein eigenes Haus, ein Auto, regelmäßiger Urlaub, Fernreisen, ein möglichst gut gefülltes Bankkonto. So sah lange Zeit der Traum vom Wohlstand aus. Doch immer mehr setzt sich heute die Erkenntnis durch: „Viel haben“ heißt noch nicht „gut leben“, und „weniger ist vielleicht mehr“. In Zusammenarbeit mit Barbara Schartz vom Themenschwerpunkt Schöpfung bei der Katholischen Erwachsenenbildung im Bistum beleuchten wir das Thema in einer lockeren Serie und stellen Menschen vor, die für Veränderung eintreten oder anders leben.


Synode im Bistum Trier

Die Synode wurde am 29. Juni 2012 von Bischof Ackermann ausgerufen. Die Trierer Bistumssynode hat ihr Abschlussdokument „heraus gerufen – Schritte in die Zukunft wagen“ am 30. April 2016 verabschiedet.



Video

  • Buchvorstellung "New Kid"
    Der zwölfjährige Levi Wilhelm hat für uns das Buch "New Kid" gelesen und verrät seine Einschätzung im Video.
  • Beauftragung Gemeinde- und Pastoralreferentin
    Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen begleiten zu dürfen - darauf freuen sich Sandra Ackermann und Luisa Maurer, die am 2. September im Trierer Dom von Bischof Dr. Stephan Ackermann zur Gemeinde- bzw. Pastoralreferentin beauftragt werden. Im Video erzählen sie dem "Paulinus", wieso sie sich für diesen Weg entschieden haben und wie sie die Kirche mitgestalten wollen (Video: Sarah Schött).
  • AMG-Schüler auf dem Jakobsweg
    38 Schülerinnen und Schüler des Bischöflichen Angela-Merici-Gymnasiums Trier sind in der Projektwoche ein Stück auf dem Jakobsweg gepilgert. „An Grenzen gehen“ war das Motto der Woche. Ida, Johann und Martin sind auf den Etappen zwischen Metz und Toul an ihre eigenen Grenzen gegangen (Bericht im "Paulinus"). Und sie sind stolz und dankbar, trotz der Anstrengungen den Weg gemeistert zu haben (Video: Christine Cüppers).
  • Majestät mit Bildungsauftrag
    Für ein Jahr hat Louisa Kress die Krone der Trier-Olewiger Weinkönigin getragen. Eine herausfordernde Aufgabe für die Lehrerin, vor allem aber eine Zeit wertvoller Erfahrungen. Im Gespräch mit dem „Paulinus“ zieht die „etwas andere Königin“ ihr persönliches Resümee (Video: Christine Cüppers).
  • Basiskurs "Biblisch-geistliche Begleitung von Gruppen"
    15 Frauen und Männer haben am bundesweit ersten „Basiskurs biblisch-geistliche Begleitung von Gruppen“ in Trier teilgenommen. Eine Teilnehmerin ist Belinda Jochem, Pfarrsekretärin und darüber hinaus ehrenamtlich Engagierte in der Pfarrei St. Franziskus Hermeskeil im Pastoralen Raum Hermeskeil. Im Video erzählt sie, warum sie sich für das Angebot interessiert und was ihr persönlich der Kurs gebracht hat (Video: Christine Cüppers).
  • Weitere Videos
    Weitere Videos des Paulinus finden sich auf www.youtube.com/PaulinusTrier




Paulinus - Fuss: