Foto: Andreas Jeitler
Hat sein Leben komplett umgestellt: Christof Herrmann macht Pause auf einer seiner Wanderungen.
Einfach bewusst leben
Von: Christof Herrmann | 10. Mai 2015
Einfach zu leben bedeutet, ohne Ballast zu leben. Sobald man mit dem Vereinfachen beginnt, passiert Erstaunliches.
Wenn ich zurückblicke, wie ich vor zehn Jahren gelebt habe, sehe ich einen mir fremden Menschen.
Ich wog trotz leptosomem Körperbau 99 Kilogramm. Ich raste werktags im Firmenwagen mit 200 Sachen über die Autobahn zu meinem verhassten Job als Programmierer und abends wieder zurück. Ich machte keinen Sport, verschlang aber aus Frust und Unkenntnis zu viel Süßes, Fertignahrung, Fleisch und Milchprodukte. Ich kaufte Tonnen an Tonträgern und Büchern, die ich aus Zeitmangel kaum hören und lesen konnte. Und ich flog wie alle anderen Getriebenen zweimal im Jahr in den Urlaub, um den Irrsinn des Alltags zu entfliehen.
Genug hatte ich von all dem Irr- und Unsinn schon lange. 2006 war die Zeit reif für den Neuanfang. Ich kündigte Job und Wohnung, stellte meinen ganzen Kram im Keller meiner Eltern unter und ging auf Radweltreise.
Ich wog trotz leptosomem Körperbau 99 Kilogramm. Ich raste werktags im Firmenwagen mit 200 Sachen über die Autobahn zu meinem verhassten Job als Programmierer und abends wieder zurück. Ich machte keinen Sport, verschlang aber aus Frust und Unkenntnis zu viel Süßes, Fertignahrung, Fleisch und Milchprodukte. Ich kaufte Tonnen an Tonträgern und Büchern, die ich aus Zeitmangel kaum hören und lesen konnte. Und ich flog wie alle anderen Getriebenen zweimal im Jahr in den Urlaub, um den Irrsinn des Alltags zu entfliehen.
Genug hatte ich von all dem Irr- und Unsinn schon lange. 2006 war die Zeit reif für den Neuanfang. Ich kündigte Job und Wohnung, stellte meinen ganzen Kram im Keller meiner Eltern unter und ging auf Radweltreise.
Aus fünf Fahrradtaschen gelebt
Eineinhalb Jahre, drei Kontinente und 20 000 Kilometer lebte ich aus fünf Fahrradtaschen. Zu meiner Überraschung fehlte es mir an nichts. Im Gegenteil: Die Einfachheit, die Langsamkeit und die Freiheit sorgten dafür, dass ich mich so glücklich fühlte, wie seit der Kindheit nicht mehr. Ich kehrte von der Radweltreise nicht nur fit wie ein Turnschuh, sondern auch innerlich verändert zurück. Fortan wollte ich minimalistisch und nachhaltig oder – wie ich es nenne – einfach und bewusst leben.
Einfach zu leben, bedeutet für mich, ohne Ballast zu leben. Jeder Mensch definiert Ballast unterschiedlich. Meist hat es mit materiellem Überfluss, unnötigen Aufgaben und negativen Beziehungen zu tun. Sobald man mit dem Vereinfachen beginnt, passiert Erstaunliches. Man findet Zeit und Muße, sich dem zu widmen, was einem wichtig ist. Statt sich durch Fußgängerzonen zu schieben, um nach Klamotten zu jagen, die sowieso nicht mehr in den Schrank passen, entspannt man sich mit einem guten Buch oder wandert mit Freunden durch die Natur. Wer auf den Geschmack gekommen ist, verändert sein Leben von Grund auf. Der deutsche Marketingexperte und Autor Axel Haitzer brachte den Minimalismus-Gedanken auf den Punkt: „Mach's einfach! Im doppelten Sinne.”
Einfach zu leben, bedeutet für mich, ohne Ballast zu leben. Jeder Mensch definiert Ballast unterschiedlich. Meist hat es mit materiellem Überfluss, unnötigen Aufgaben und negativen Beziehungen zu tun. Sobald man mit dem Vereinfachen beginnt, passiert Erstaunliches. Man findet Zeit und Muße, sich dem zu widmen, was einem wichtig ist. Statt sich durch Fußgängerzonen zu schieben, um nach Klamotten zu jagen, die sowieso nicht mehr in den Schrank passen, entspannt man sich mit einem guten Buch oder wandert mit Freunden durch die Natur. Wer auf den Geschmack gekommen ist, verändert sein Leben von Grund auf. Der deutsche Marketingexperte und Autor Axel Haitzer brachte den Minimalismus-Gedanken auf den Punkt: „Mach's einfach! Im doppelten Sinne.”
Wir haben schon lange jegliches Maß verloren
Bewusst zu leben, bedeutet für mich, heute so zu handeln, dass unsere Welt morgen für möglichst viele Menschen lebenswert ist. „Wir können jeden Tag aufs Neue entscheiden, welchen Einfluss wir auf diese Welt ausüben möchten“, sagte die britische Verhaltensforscher Jane Goodall einmal. Doch wir haben längst jegliches Maß verloren. Wir wissen nicht oder wohl eher wollen nicht wissen, was wir uns, anderen, den Tieren und der Natur antun.
Der ökologische Fußabdruck in Deutschland liegt bei elf Tonnen CO₂-Äquivalenten pro Person. Der für Klima und Erde noch verträgliche Wert liegt aber bei 2,5 Tonnen CO₂-Äquivalenten. Ein bewusster Umgang mit den natürlichen Ressourcen, eine Verbesserung der Energieeffizienz, nachhaltiges Wirtschaften und Recycling können unseren ökologischen Fußabdruck ein wenig senken. Dass wir damit einen noch verträglichen Wert erreichen, ist eine Mär, die uns Wirtschaft und Politik verkaufen und wir gerne glauben. Wir müssen vielmehr lernen, dass wieder weniger Konsum, Globalisierung und Mobilität mehr leben und auch mehr Leben bedeuten.
Der ökologische Fußabdruck in Deutschland liegt bei elf Tonnen CO₂-Äquivalenten pro Person. Der für Klima und Erde noch verträgliche Wert liegt aber bei 2,5 Tonnen CO₂-Äquivalenten. Ein bewusster Umgang mit den natürlichen Ressourcen, eine Verbesserung der Energieeffizienz, nachhaltiges Wirtschaften und Recycling können unseren ökologischen Fußabdruck ein wenig senken. Dass wir damit einen noch verträglichen Wert erreichen, ist eine Mär, die uns Wirtschaft und Politik verkaufen und wir gerne glauben. Wir müssen vielmehr lernen, dass wieder weniger Konsum, Globalisierung und Mobilität mehr leben und auch mehr Leben bedeuten.
Das Leben komplett auf den Kopf gestellt
Nachhaltigkeit und Minimalismus sind also stark miteinander verwoben. Clever eingesetzt, führen sie nicht zu Verzicht, sondern zu persönlichem, gesellschaftlichem und ökologischem Gewinn.
So kam es, dass mein Leben in den letzten Jahren komplett auf den Kopf gestellt wurde. Ich machte mich als freier Autor von unter anderem Wanderbüchern selbstständig. Ich trennte mich von meinem Auto und Tausenden anderen Dingen. Ich nahm 20 Kilogramm ab, wurde Vegetarier und im Januar 2014 Veganer. Ich minimierte meinen ökologischen Fußabdruck und maximierte mein gutes Gewissen. Ich ging dreimal zu Fuß über die Alpen bis ans Mittelmeer. Und ich kann heute sagen, dass ich das Freiheits- und Glücksgefühl, das ich auf der Radweltreise (wieder) entdeckt habe, nun auch im Alltag erlebe.
So kam es, dass mein Leben in den letzten Jahren komplett auf den Kopf gestellt wurde. Ich machte mich als freier Autor von unter anderem Wanderbüchern selbstständig. Ich trennte mich von meinem Auto und Tausenden anderen Dingen. Ich nahm 20 Kilogramm ab, wurde Vegetarier und im Januar 2014 Veganer. Ich minimierte meinen ökologischen Fußabdruck und maximierte mein gutes Gewissen. Ich ging dreimal zu Fuß über die Alpen bis ans Mittelmeer. Und ich kann heute sagen, dass ich das Freiheits- und Glücksgefühl, das ich auf der Radweltreise (wieder) entdeckt habe, nun auch im Alltag erlebe.
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Zur Person
Christof Herrmann ist Autor von unter anderem Wanderführern und schreibt auf www.einfachbewusst.de über Minimalismus, Nachhaltigkeit und vegane Ernährung im Alltag und beim Wandern. Auf seinem Blog gibt er konkrete Tipps, wie ein einfach bewusstes Leben zu mehr Freiheit, Glück, Zeit und Nachhaltigkeit fühhren kann. Sein Blog hat über 100 000 Seitenaufrufe pro Monat und 6 000 Newsletter-Abonnenten. Er lebt in einem Dorf in Oberfranken.
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Dossier zur Serie
Ein eigenes Haus, ein Auto, regelmäßiger Urlaub, Fernreisen, ein möglichst gut gefülltes Bankkonto. So sah lange Zeit der Traum vom Wohlstand aus. Doch immer mehr setzt sich heute die Erkenntnis durch: „Viel haben“ heißt noch nicht „gut leben“, und „weniger ist vielleicht mehr“.
In Zusammenarbeit mit Barbara Schartz vom Themenschwerpunkt Schöpfung bei der Katholischen Erwachsenenbildung im Bistum stellen wir deshalb in einer lockeren Serie Menschen vor, die für Veränderung eintreten oder anders leben, oder viel über das Thema wissen. Zum Dossier
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