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Einig über Uneinigkeit

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Die Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz findet traditionell in Fulda statt. Die Bischöfe kamen im Fürstensaal des Stadtschlosses von Fulda zusammen.

Einig über Uneinigkeit

Von: KNA | 9. Oktober 2022
Mit einem beispiellosen Eklat ist am 29. September die Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda zu Ende gegangen.

Die katholischen Bischöfe reagierten mit großer Empörung auf einen NS-Vergleich des Schweizer Kurienkardinals Kurt Koch. Der Konferenzvorsitzende Georg Bätzing forderte eine sofortige Entschuldigung. „Wenn diese öffentliche Entschuldigung nicht umgehend geschieht, werde ich eine offizielle Beschwerde beim Heiligen Vater einreichen“, sagte der Limburger Bischof. Schon seit längerem versuche Koch, das Reformprojekt Synodaler Weg der katholischen Kirche in Deutschland zu schwächen und zu delegitimieren. Die neue Äußerung sei eine „inakzeptable Entgleisung". In den Äußerungen des Kardinals zeige sich die „pure Angst, dass sich etwas bewegt“.

Koch hatte in der Zeitung „Die Tagespost“ vom 29. September über Parallelen zwischen aktuellen kirchlichen Diskussionen und solchen aus der NS-Zeit gesprochen: „Es irritiert mich, dass neben den Offenbarungsquellen von Schrift und Tradition noch neue Quellen angenommen werden; und es erschreckt mich, dass dies  wieder in Deutschland geschieht.“ Koch wörtlich: „Denn diese Erscheinung hat es bereits während der nationalsozialistischen Diktatur gegeben, als die sogenannten Deutschen Christen Gottes neue Offenbarung in Blut und Boden und im Aufstieg Hitlers gesehen haben.“ Die „Deutschen Christen“ waren eine protestantische Gruppierung, die seit 1932 versuchte, die evangelische Kirche in Deutschland nationalsozialistisch umzugestalten. Ihre Mitglieder vertraten rassistische, antisemitische und am Führerprinzip orientierte Inhalte.

Es ist Konsens, dass es einen Dissens gibt

ischof Bätzing machte zum Abschluss der Vollversammlung deutlich, dass die rund 70 Bischöfe ihren Streit um Fragen der Sexualmoral nicht beilegen konnten. „Wir haben einen Konsens, dass wir einen Dissens haben“, sagte er vor Journalisten. Die Meinungsverschiedenheiten seien „auszuhalten, ohne dass wir als Weggemeinschaft auseinanderfallen“.

Das Reformprojekt Synodaler Weg soll Mitte November beim Besuch der Bischöfe in Rom weiter besprochen werden. Eine Sperrminorität konservativer Bischöfe hatte bei der Synodalversammlung in Frankfurt die Verabschiedung eines Grundsatzpapiers zur Erneuerung der katholischen Sexualmoral verhindert (der „Paulinus“ berichtete).

Im Namen der Konferenz dankte der Vorsitzende dem ausgeschiedenen Beaufragten für die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs, Bischof Stephan Ackermann. Bätzing berichtete vor Journalisten von „einem lange anhaltenden Applaus“ der Bischöfe für Ackermanns zwölfjährige Arbeit. Der Trierer Bischof habe „hochengagiert und selbstkritisch“ gehandelt. Es sei Ackermann als „Motor des Lernprozesses“ zu verdanken, dass die Bischöfe weitreichende Entscheidungen getroffen hätten, so Bätzing.

Ackermanns Nachfolger ist der Aachener Bischof und frühere Trierer Weihbischof Helmut Dieser (60). Die Bischöfe hatten zudem beschlossen, sich im Kampf gegen Missbrauch neu aufzustellen. Neben einer von Dieser geleiteten bischöflichen Fachgruppe und dem Betroffenenbeirat der Bischofskonferenz soll ein neuer Expertenrat die Aufarbeitung vorantreiben (vgl. weiteren Artikel auf Seite 5).

Bischof Dieser zeigte sich offen für eine deutschlandweite Studie zur sexualisierten Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Dabei dürfe es aber nicht allein um Missbrauch in den Kirchen gehen, sagte er bei der Vollversammlung der Bischofskonferenz. „Der Fokus kann jetzt nicht mehr weiter immer nur bei uns sein. Menschen in anderen Bereichen sind genauso betroffen. Dort guckt scheinbar immer noch keiner genauer hin oder zu wenig.“ Bischof Dieser räumte ein, dass die Kirche zu lange gebraucht habe, um den Missbrauch konsequent zu bekämpfen. Das Thema Missbrauch sei „giftig“ für die Kirche und die Gesellschaft: „Im sozialpsychologischen Sinne ist es so giftig wie Radioaktivität. Es wirkt unendlich nach und zerstört soziale Beziehungen.“ Daher gebe es einen Grundreflex des Verschweigens, sagte Dieser und mahnte: „Es ist so, dass die Kirche daran kaputtgehen kann.“

Zum Abschluss ihrer Vollversammlung sprachen sich die Bischöfe für eine weitere – auch militärische – Unterstützung der Ukraine aus. „Wenn ein eklatanter Bruch des Völkerrechts mit einem militärischen Sieg belohnt würde, hätte dies langfristig fatale Folgen“, hieß es. „Es geht um eine freie Ukraine in einem friedlichen Europa.“ Auf der einen Seite stehe für Christen das Ideal der Gewaltfreiheit, betonten die Bischöfe. Auf der anderen Seite kenne die katholische Friedenslehre aber auch das Recht auf Selbstverteidigung. Vorrangige Aufgabe der Kirche sei es, die Not der vom Krieg heimgesuchten Menschen zu lindern. Es gebe hier ein intensives Engagement der Diözesen, Hilfswerke und weiterer kirchlicher Organisationen aus Deutschland sowohl in der Ukraine als auch in ihren Nachbarstaaten.

Zum gesellschaftlichen Zusammenhalt aufgerufen

Vor dem Hintergrund der Energiekrise und dem Angriffskrieg Russlands riefen die Bischöfe zugleich zum Zusammenhalt auf. Das gelte vor allem „gegenüber denjenigen, die versuchen, die Gesellschaft zu spalten“, sagte Bätzing. Je nach konkreter Lebenssituation könnten Menschen von der Krise und ihren finanziellen Auswirkungen „bis weit in die Mittelschicht existenziell betroffen sein“, so der Limburger Bischof. Ebenso dürften kleinere Betriebe nicht alleine gelassen werden. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, „man hilft nur den Großen“.

Die Bischöfe zogen auf ihrer Vollversammlung auch eine Bilanz ihrer Hilfsangebote nach der Flutkatastrophe im Vorjahr. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf kündigte an, die Kirche wolle sich verstärkt in der Notfallseelsorge engagieren. „Ehrenamtliche werden in der Notfallseelsorge zunehmend wichtiger“, sagte Kohlgraf. Zur Aufgabe der Hauptamtlichen werde es gehören, ehrenamtliche Helfer auszubilden und sie ihrerseits seelsorgerlich zu begleiten. Allein im Landkreis Ahrweiler waren bei der Flutkatastrophe mehr als 130 Menschen ums Leben gekommen. Hunderte Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger der katholischen und evangelischen Kirche waren im Einsatz.



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