Foto: Andreas Kossmann
Im Rahmen des Gedenkgottesdienstes wurden die entstandenen Kunstwerke präsentiert.
Kraft und Stärke im Glauben
Von: Andreas Kossmann | 6. November 2022
Saarbrücken:
Mit einem Gottesdienst und einem speziellen Kunstprojekt ist in der Saarbrücker Jugendkirche „eli.ja“ an den Todestag des Widerstandskämpfers Willi Graf erinnert worden.
Mit den Kunstformen Graffiti und darstellende Schrift hatten sich Schülerinnen und Schüler der Bischöflichen Marienschule vor den Sommerferien dem in Saarbrücken aufgewachsenen Mitglied der studentischen Widerstandsgruppe „Die Weiße Rose“ angenähert, das am 12. Oktober 1943 von den Nationalsozialisten enthauptet wurde.
Die Idee zum Projekt, das bereits vor zwei Jahren starten sollte, aber aufgrund von Corona zurückgestellt werden musste, hatte Michael Federkeil, pädagogischer Referent bei der Fachstelle-Plus für Kinder- und Jugendpastoral. Die Marienschule hatte sich unter Federführung von Lehrerin Judith Wappner klassenübergreifend um die Teilnahme beworben.
Der Erinnerung an Willi Graf kommt in „eli.ja“ seit Jahren besondere Bedeutung zu. Zum Gedenken läutet seit 2020 jeden Abend um 17 Uhr für drei Minuten eine eigens angefertigte Willi-Graf-Glocke.
Intensive Vorrecherchen in Saarbrücken und München
Federkeil hat sich intensiv mit dem Leben und Wirken des Widerstandskämpfers auseinandergesetzt; Jugendpfarrer Thomas Hufschmidt und Gemeindereferentin Rebecca Benahmed besuchten im Frühjahr in München verschiedene seiner Lebensstationen. Im Erzbistum München-Freising hat vor kurzem auch eine Voruntersuchung für ein mögliches Seligsprechungsverfahren begonnen.
Die Kunstaktion ist nach der Glocke das bislang aufwändigste Projekt der kirchlichen Jugendarbeit in Saarbrücken, das sich mit dem Glaubenszeugen auseinandersetzte.
Für die Umsetzung gab es keine Vorgaben – die dargestellten, oft kombinierten Motive reichen vom Graf-Zitat „Jeder Einzelne trägt die ganze Verantwortung“ bis zu einer Darstellung Putins, der bildhaft die Ukraine frisst und daran erstickt.
Bevor die jungen Künstlerinnen und Künstler ans Werk gingen, besuchten sie mit Smartphone-Unterstützung diverse Orte und Stationen, die Grafs Leben in Saarbrücken prägten.
Jugendpfarrer liest aus Briefen von Willi Graf vor
Zitate des Widerstandskämpfers aus Briefen und Aufzeichnungen las auch Jugendpfarrer Thomas Hufschmidt im Gottesdienst vor. Sie stammten aus drei Briefen und einer Notiz an seine Schwester Anneliese, die Willi Graf im Strafgefängnis München-Stadelheim vom 26. September bis zu seinem Todestag verfasst hatte.
„Trost und Stärke findet Ihr bei Gott, darum werde ich bis zum letzten Augenblick beten, denn ich weiß, dass es für Euch schwerer sein wird als für mich“, schrieb er noch kurz vor der Hinrichtung an seine Eltern und Schwestern.
„Willi Graf ist uns ein Vorbild aus vielen Perspektiven“, betonte Hufschmidt. Die Zeugnisse von Kraft und Stärke im Glauben, die Graf seinen Zeitgenossen mit auf den Weg gegeben habe, sollen auch heute Mut machen, sich für den Frieden einzusetzen.
Eine aus der Ukraine stammenden Schülerin rief in der Feier dazu auf, den Krieg in ihrer Heimat zu beenden, der Millionen von Leben zerstöre und dessen Folgen weit über die Ukraine und Russland hinaus zu spüren seien.
Rund 30 Jugendliche am Kunstprojekt beteiligt
Nach dem Gedenkgottesdienst und einer Vernissage der von rund 30 Schülerinnen und Schüler gefertigten Kunstwerke, die bis zu Allerheiligen in der Kirche zu sehen waren, gab es Gelegenheit zum gegenseitigen Austausch.
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