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Schlupfwespe statt Chemie

Foto: Judith Bornemann
1000 winzige Schlupfwespen befinden sich in je einem Röhrchen und werden gezielt an einem vom Holzwurm befallenen Holz freigelassen.

Schlupfwespe statt Chemie

Von: Judith Bornemann | 27. November 2022
Schädlingsbekämpfung der anderen Art: Ein Nürnberger Unternehmen setzt die kleinen Insekten ein, um den Holzwurm zu bekämpfen.

Der schmale Schein der kleinen Taschenlampe leuchtet den Winkel eines Sitzplatzes im Chorgestühl aus. Judith Auer kniet vor dem ehrwürdigen Sitzmöbel und beugt sich nach vorn, um noch genauer sehen zu können, wer dort im Verborgenen das Inventar beschädigt.

Vor ihr liegt eine Liste, sie fährt mit dem Finger über das Holz, vor sich hin murmelnd zählt sie. Dann macht sie ihre Notizen: beim sogenannten Monitoring, der Überprüfung des Holzwurmbefalls am Chorgestühl. Dabei zählt sie die Löcher in einem bestimmten Abschnitt der Oberfläche – der beste Weg, den Befall zu dokumentieren, erklärt die Biologin.

„Geräte dazu gibt es bisher noch nicht, das wäre schön, dann könnten wir noch zielgerichteter behandeln, weil wir die Larvenanzahl im Holz kenntlich machen könnten. Das Monitoring, das recht sicher ist, heißt Löcher auszählen.“

Dazu sucht sie sich drei bis vier aktiv befallene Stellen aus, definiert den Bereich exakt und zählt an dieser Stelle alle Ausfluglöcher, sowohl die von den Anobien (Holzwurm) mit etwa zwei Millimeter Durchmesser als auch die von den Schlupfwespen mit rund 0,5 Millimetern.

Mit dieser Detailarbeit, sowie mit viel Geduld und einem geschulten Blick rückt Judith Auer dem Holzwurm ökologisch zu Leibe, anstatt ihn, wie bisher üblich, mit einer chemischen Behandlung zu bekämpfen.

Den natürlichen Feind hat sie in einer weißen Umhängetasche dabei: die Schlupfwespe. 1000 dieser winzigen Insekten wird sie an diesem Vormittag in der Klosterkirche Mariä Himmelfahrt in Fürstenfeldbruck einmal mehr gezielt platzieren, um den Holzwurmbefall dort weiterhin in Schach zu halten.

Denn schon lange plagt man sich auch hier – wie in unzähligen anderen Kirchen Bayerns – mit den Larven des Nagekäfers herum, die rund einen Teelöffel Holz in einem Sommer verspeisen und so enorme Schäden anrichten. Daher auch umgangssprachlich ihr Name: Holzwurm. Unzählige Objekte und Inventar Jahrhunderte alter Kirchenkunst wurden so dauerhaft beschädigt.

Tim Frommke, technischer Bearbeiter des Staatliches Bauamtes München 1 und zuständig für die Liegenschaften des Klosters und der Klosterkirche Fürstenfeldbruck, empfindet die Zusammenarbeit mit der Biologin als sehr hilfreich und konstruktiv.

Sein in Ruhestand befindlicher Kollege hatte vor Jahren von der Methode erfahren und sich dafür eingesetzt, dass diese umgesetzt wurde. Frommke führt seine Arbeit seit zwei Jahren fort: „Die technischen Probleme, Fragen des Gesundheitsschutzes und insbesondere die hohen Kosten für eine konventionelle Begasung im Kirchenschiff hatten eine schnelle Maßnahme zur Eindämmung des Anobienbefalls in der Landhofkirche sehr erschwert. Schlupfwespen als Nützlinge zur Eindämmung des Schädlingsbefalls einzusetzen, erwies sich hier als wahrer Glücksgriff. Seit mehreren Jahren läuft nun diese kontinuierlich überwachte Maßnahme, und die Ergebnisse sind durchweg positiv.“

Jahrelange tüftelten die Biologen der Firma APC in Nürnberg – unter ihnen auch Judith Auer – an einer Möglichkeit, den Schädling ohne Einsatz von chemischen Mitteln zu bekämpfen. Was lag da näher, als auf den natürlichen Feind zurückzugreifen?

Judith Auer erinnert sich: „Wir haben uns befallenes Holz gesucht, mit einem Ausgang zum Licht in Röhren gepackt und haben alles, was zum Licht gekrabbelt ist, aufgefangen und ausgewertet. Es kamen viele Holzwürmer – und noch mehr Schlupfwespen, die Antagonisten vom Holzwurm, heraus.“

Lange Zeit hielten sie sich mit der Publikation von Ergebnissen zurück. Denn es musste zunächst eine verlässliche Methode gefunden werden, die Tiere zu züchten. Das Problem: Während die Schlupfwespe eine kurze Entwicklungszeit von wenigen Wochen hat, dauert diese beim Holzwurm zwei bis fünf Jahre. So lange frisst die Larve, bis sie sich verpuppt und als Käfer ausschlüpft.

„Wir haben darum Fremdwirte mit einer Entwicklungszeit von nur einem Monat genommen. Es hat zwar etwas gedauert, bis sich die Schlupfwespen an andere Käferlarven gewöhnt und darauf auch Eier gelegt haben. Aber nach etwa einem Jahr hatten wir sie soweit.“

Und so konnten Judith Auer und ihre Kollegen 2012 schließlich beginnen, mit dieser ökologischen Schädlingsbekämpfung Kirchen zu behandeln. Aktuell – so schätzt die Wissenschaftlerin – werden bundesweit rund 250 Kirchen gegen den Holzwurmbefall behandelt.





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