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Eintauchen in die unendlichen Weiten des Netzes: Das Internet bietet Chancen, birgt aber auch Gefahren – gerade auch für junge Leute.
Im Netz zuhause, aber nicht mehr daheim
Von: Rosemarie Keuler-Breit | 1. November 2015
Der richtige Umgang mit dem Computer ist gar nicht so einfach. Einen „Beispielfall“ greift die Lebensberatung im „Paulinus“ auf.
Frau und Herr M. wenden sich an die Beratungsstelle in Sorge um ihren 16-jährigen Sohn Lukas. Lukas ist das Älteste von vier Kindern. Er besucht die zehnte Klasse der Realschule.
Ihr Sohn verbringt die meiste Zeit in seinem Zimmer am Computer. Innerhalb der Familie ist er nur kurz bei Mahlzeiten wahrnehmbar, übernimmt keinerlei Aufgaben. Der bevorstehende Realschulabschluss ist gefährdet. Versuche, ihn für die Schule zu motivieren, Aktivitäten mit Gleichaltrigen zu unternehmen oder sich in einem Verein zu engagieren, schlugen fehl. Er kommentiert ihre Bedenken mit dem Satz: er habe alles im Griff, sehe für sich keine Probleme, sie sollten ihn in Ruhe lassen.
Da Lukas eine gemeinsame Beratung mit den Eltern ablehnt, finden zunächst getrennte Termine mit den Eltern und ihm statt.
In den Gesprächen mit Frau und Herrn M. ist es möglich, den Zusammenhang von zunehmender Kontrolle auf Seiten der Eltern und Rückzug und Verweigerung seitens Lukas deutlich zu machen – ein Kommunikationsmuster, bei dem jeder nur seine Position sieht.
Ein wichtiger Schritt für die Eltern ist, sich mit der Haltung, die sie ihrem Sohn gegenüber einnehmen, auseinanderzusetzen. Es fällt ihnen schwer, spontan Stärken ihres Sohnes zu benennen oder Situationen, die er gut gemeistert hat und meistert. In ihren Äußerungen findet sich oft ein „Ja, aber ... .“ Insbesondere Frau M. wird bewusst, dass sie ihren Sohn immer als zurückgezogenes hilfsbedürftiges Kind erlebte. Der Impuls, ihn an die Hand zu nehmen und ihm zu sagen, was er zu tun hat, setzt sich bis heute fort. Weder schulisch noch im Umgang mit anderen Menschen sieht sie ihn in der Lage, angemessen mit Problemstellungen umzugehen. Seine momentane Zurückweisung kränkt sie. Sie hält ihn für undankbar, begegnet ihm mit Vorwürfen und Beschimpfungen, auf die er ebenso mit Vorhaltungen und Anschuldigungen reagiert.
Ihr Sohn verbringt die meiste Zeit in seinem Zimmer am Computer. Innerhalb der Familie ist er nur kurz bei Mahlzeiten wahrnehmbar, übernimmt keinerlei Aufgaben. Der bevorstehende Realschulabschluss ist gefährdet. Versuche, ihn für die Schule zu motivieren, Aktivitäten mit Gleichaltrigen zu unternehmen oder sich in einem Verein zu engagieren, schlugen fehl. Er kommentiert ihre Bedenken mit dem Satz: er habe alles im Griff, sehe für sich keine Probleme, sie sollten ihn in Ruhe lassen.
Da Lukas eine gemeinsame Beratung mit den Eltern ablehnt, finden zunächst getrennte Termine mit den Eltern und ihm statt.
In den Gesprächen mit Frau und Herrn M. ist es möglich, den Zusammenhang von zunehmender Kontrolle auf Seiten der Eltern und Rückzug und Verweigerung seitens Lukas deutlich zu machen – ein Kommunikationsmuster, bei dem jeder nur seine Position sieht.
Ein wichtiger Schritt für die Eltern ist, sich mit der Haltung, die sie ihrem Sohn gegenüber einnehmen, auseinanderzusetzen. Es fällt ihnen schwer, spontan Stärken ihres Sohnes zu benennen oder Situationen, die er gut gemeistert hat und meistert. In ihren Äußerungen findet sich oft ein „Ja, aber ... .“ Insbesondere Frau M. wird bewusst, dass sie ihren Sohn immer als zurückgezogenes hilfsbedürftiges Kind erlebte. Der Impuls, ihn an die Hand zu nehmen und ihm zu sagen, was er zu tun hat, setzt sich bis heute fort. Weder schulisch noch im Umgang mit anderen Menschen sieht sie ihn in der Lage, angemessen mit Problemstellungen umzugehen. Seine momentane Zurückweisung kränkt sie. Sie hält ihn für undankbar, begegnet ihm mit Vorwürfen und Beschimpfungen, auf die er ebenso mit Vorhaltungen und Anschuldigungen reagiert.
Sich abgrenzen gegenüber den Erwachsenen
Der Vater hat sich gegenüber Lukas stets zurückgehalten. Er fand seinen Sohn schwierig, sah keine Möglichkeiten, ihm durch gemeinsame Aktivitäten näher zu kommen. Momentan schaltet er sich, wenn er Konflikte zwischen Mutter und Sohn miterlebt, ein, indem er Partei für seine Frau ergreift.
Interesse an den Internet- und Computeraktivitäten des Sohnes haben die Eltern bisher nie gezeigt. Sie stehen dem skeptisch gegenüber und versuchen den Konsum einzuschränken. Im Laufe der Beratung wird ihnen bewusst, dass sie, entgegen ihrem bisherigen Empfinden, auf seine Belange selten eingehen und dass sie ihm wenig Raum für die Entwicklung eigener Fähigkeiten und Interessen geben. Sie wissen nichts darüber, ob und welche positiven Erfahrungen Lukas bei der Nutzung des Computers macht und ob er sich hier durch andere bestätigt fühlt. Frau und Herr M. erkennen, dass die Nutzung des Computers für Lukas die einzige Chance ist, sich gegenüber den Vorstellungen und Erwartungen der Erwachsenen abzugrenzen und sich eine Welt zu schaffen, die er selbst kontrollieren kann. Dies sind wichtige Aspekte in der Pubertät, der Lebensphase, in der ihr Sohn sich gerade befindet.
Die Beraterin sucht mit den Eltern nach Möglichkeiten, ihrem Sohn offener zu begegnen. Sie beschäftigen sich mit Fragen nach seinen Stärken und angenehmen Situationen, die es auch derzeit noch in der Familie mit ihm gibt, formulieren Fragen, um überhaupt zu verstehen, was ihm das Computerspiel bedeutet. Ein wichtiger Aspekt im Laufe der Beratung ist die Bereitschaft von Herrn M., Lukas deutlicher sein Interesse zu zeigen und sich mehr Zeit für ihn zu nehmen. Er will mit Lukas überlegen, welchen gemeinsamen Aktivitäten sie nachgehen können. In Auseinandersetzungen will er die Argumente seines Sohnes anhören, bevor er interveniert.
In den Gesprächen mit Lukas sucht die Beraterin herauszufinden, was Computerspiel für ihn bedeutet.
Interesse an den Internet- und Computeraktivitäten des Sohnes haben die Eltern bisher nie gezeigt. Sie stehen dem skeptisch gegenüber und versuchen den Konsum einzuschränken. Im Laufe der Beratung wird ihnen bewusst, dass sie, entgegen ihrem bisherigen Empfinden, auf seine Belange selten eingehen und dass sie ihm wenig Raum für die Entwicklung eigener Fähigkeiten und Interessen geben. Sie wissen nichts darüber, ob und welche positiven Erfahrungen Lukas bei der Nutzung des Computers macht und ob er sich hier durch andere bestätigt fühlt. Frau und Herr M. erkennen, dass die Nutzung des Computers für Lukas die einzige Chance ist, sich gegenüber den Vorstellungen und Erwartungen der Erwachsenen abzugrenzen und sich eine Welt zu schaffen, die er selbst kontrollieren kann. Dies sind wichtige Aspekte in der Pubertät, der Lebensphase, in der ihr Sohn sich gerade befindet.
Die Beraterin sucht mit den Eltern nach Möglichkeiten, ihrem Sohn offener zu begegnen. Sie beschäftigen sich mit Fragen nach seinen Stärken und angenehmen Situationen, die es auch derzeit noch in der Familie mit ihm gibt, formulieren Fragen, um überhaupt zu verstehen, was ihm das Computerspiel bedeutet. Ein wichtiger Aspekt im Laufe der Beratung ist die Bereitschaft von Herrn M., Lukas deutlicher sein Interesse zu zeigen und sich mehr Zeit für ihn zu nehmen. Er will mit Lukas überlegen, welchen gemeinsamen Aktivitäten sie nachgehen können. In Auseinandersetzungen will er die Argumente seines Sohnes anhören, bevor er interveniert.
In den Gesprächen mit Lukas sucht die Beraterin herauszufinden, was Computerspiel für ihn bedeutet.
Zugang zu einer anderen, faszinierenden Welt
Lukas erlebt, dass seine Eltern, insbesondere seine Mutter, ihm ständig Vorgaben und Vorschriften machen, darauf achten, dass er sie einhält. Er fühlt sich gegängelt und bevormundet. Er möchte nicht so wie seine Eltern leben: viel Arbeit, wenig Freizeit und gemessen an der vielen Arbeit zu wenig Geld.
Er braucht Spaß und Abwechslung. Wenn er am Computer sitzt, hat er Zugang zu einer Welt, die für ihn spannend und faszinierend ist und ihm eine Vielzahl von Möglichkeiten bietet. Er kann hier Dinge ausprobieren und erfährt, dass er durch geschicktes taktisches Verhalten Aufgaben meistert. Im Internet hat er viele Freunde, mit denen er sich gut unterhalten kann.
Im Laufe der Beratung wird es möglich, kritische Aspekte in seinem Verhalten anzusprechen. Er kann sehen, dass er sich Zuhause aber auch außerhalb der Familie zurückzieht. Jenseits der virtuellen Welt fühlt er sich unwohl. Er erlebt hier Vieles als sehr mühsam und frustrierend. Er hat keine Vorstellung, was er ändern könnte. Perspektiven für die Zeit nach der Schule fehlen ihm.
Nach anfänglicher Ablehnung ist er bereit, sich auf gemeinsame Gespräche mit den Eltern einzulassen, um hier die Dinge zu thematisieren, die ihn im Zusammenleben stören, und mit den Eltern nach Kompromissen zu suchen.
Er braucht Spaß und Abwechslung. Wenn er am Computer sitzt, hat er Zugang zu einer Welt, die für ihn spannend und faszinierend ist und ihm eine Vielzahl von Möglichkeiten bietet. Er kann hier Dinge ausprobieren und erfährt, dass er durch geschicktes taktisches Verhalten Aufgaben meistert. Im Internet hat er viele Freunde, mit denen er sich gut unterhalten kann.
Im Laufe der Beratung wird es möglich, kritische Aspekte in seinem Verhalten anzusprechen. Er kann sehen, dass er sich Zuhause aber auch außerhalb der Familie zurückzieht. Jenseits der virtuellen Welt fühlt er sich unwohl. Er erlebt hier Vieles als sehr mühsam und frustrierend. Er hat keine Vorstellung, was er ändern könnte. Perspektiven für die Zeit nach der Schule fehlen ihm.
Nach anfänglicher Ablehnung ist er bereit, sich auf gemeinsame Gespräche mit den Eltern einzulassen, um hier die Dinge zu thematisieren, die ihn im Zusammenleben stören, und mit den Eltern nach Kompromissen zu suchen.
Die Eltern mit dem Kind ins Gespräch bringen
Zielsetzung der weiteren Beratung wird sein, Eltern und Sohn miteinander ins Gespräch zu bringen Die veränderte Haltung, die sie in den Einzelgesprächen dem jeweils anderen gegenüber gewonnen haben, soll deutlich werden. Hierdurch sollen beide Seiten motiviert werden, insbesondere in der schwierigen Phase der Pubertät Möglichkeiten zu entwickeln, respektvoll miteinander umzugehen, sich anders kennenzulernen. Die verbesserte Beziehung zwischen Eltern und Jugendlichem erlaubt Regelungen auf der praktischen Ebene zu treffen wie beispielsweise Nutzungszeiten des Computers, Übernahme von Aufgaben innerhalb der Familie und vielleicht noch mögliche gelegentliche gemeinsame Aktivitäten, die für alle befriedigend sind.
Wünschenswert für den Beratungsprozess ist außerdem, mit Lukas zu überlegen, inwieweit er Medieninhalte und Erfahrungen zur Bewältigung des Alltags nutzen kann und welche Perspektiven sich hierdurch für sein weiteres Leben ergeben.
In der Beratung von Familien, in denen der Umgang mit den neuen Medien angesprochen wird, spielen ähnlich wie bei anderen erzieherischen und familiären Themen Fragen nach dem Entwicklungsstand des Kindes/Jugendlichen eine Rolle ebenso wie Fragen nach den Möglichkeiten miteinander zu reden und Konflikte auszutragen.
Dabei ist insbesondere im Hinblick auf den Umgang mit den neuen Medien wichtig:
– dass Eltern sich ernsthaft und so früh wie möglich für diesen Bereich interessieren und mit ihren Kindern hierüber im Gespräch bleiben mit einem kritischen und neugierigen Blick. Nur so können sie Einfluss auf die Auswahl beispielsweise der Computerspiele nehmen, Spiele, die Spaß machen, Lerneffekte haben und altersgerecht sind.
– dass Eltern frühzeitig mit den Kindern Zeiten festlegen, in denen sie die Medien nutzen. Auch hier sollte das Alter berücksichtigt werden.
– dass mit den Kindern reale Erlebnisräume innerhalb und außerhalb der Familie geschaffen werden, die die kindliche Neugierde wecken, ihrem Entdeckungs- und Bewegungsdrang nachkommen und soziale Kontakte ermöglichen.
Wünschenswert für den Beratungsprozess ist außerdem, mit Lukas zu überlegen, inwieweit er Medieninhalte und Erfahrungen zur Bewältigung des Alltags nutzen kann und welche Perspektiven sich hierdurch für sein weiteres Leben ergeben.
In der Beratung von Familien, in denen der Umgang mit den neuen Medien angesprochen wird, spielen ähnlich wie bei anderen erzieherischen und familiären Themen Fragen nach dem Entwicklungsstand des Kindes/Jugendlichen eine Rolle ebenso wie Fragen nach den Möglichkeiten miteinander zu reden und Konflikte auszutragen.
Dabei ist insbesondere im Hinblick auf den Umgang mit den neuen Medien wichtig:
– dass Eltern sich ernsthaft und so früh wie möglich für diesen Bereich interessieren und mit ihren Kindern hierüber im Gespräch bleiben mit einem kritischen und neugierigen Blick. Nur so können sie Einfluss auf die Auswahl beispielsweise der Computerspiele nehmen, Spiele, die Spaß machen, Lerneffekte haben und altersgerecht sind.
– dass Eltern frühzeitig mit den Kindern Zeiten festlegen, in denen sie die Medien nutzen. Auch hier sollte das Alter berücksichtigt werden.
– dass mit den Kindern reale Erlebnisräume innerhalb und außerhalb der Familie geschaffen werden, die die kindliche Neugierde wecken, ihrem Entdeckungs- und Bewegungsdrang nachkommen und soziale Kontakte ermöglichen.
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Literatur
Jesper Juul: Eine Frage des Respekts, Zeit Nr. 19/2009, www.zeit.de;
Jesper Juul: Pubertät, Wenn Erziehen nicht mehr geht
Ekkehard Sander: Medien im Jugendalter
Matthias Petzold: Verändern die Neuen Medien unsere Kinder und Jugendlichen?
Dr. Angela M.T. Reinders: Verantwortungsvoll mit dem Mobiltelefon umgehen
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Lebensberatung
Insgesamt gibt es – von Ahrweiler bis Wittlich – 20 Lebensberatungsstellen des Bistums Trier, an die sich jede und jeder Ratsuchende wenden kann.
Der zuständige Arbeitsbereich im Generalvikariat wird geleitet von Dr. Andreas Zimmer. Kontaktadresse: Lebensberatung im Bistum Trier, Bischöfliches Generalvikariat, Hinter dem Dom 6, 54290 Trier, Telefon (06 51) 71 05-2 79, E-Mail beratung@bgv-trier.de, Internet www.lebensberatung.info.
Viele weitere Beiträge der Lebensberatung sind in der "Paulinus"-Rubrik „Lebensberatung im Paulinus“ zu finden.
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