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Die "verplante" Familie

Foto: KNA
Ein Bild mit Seltenheitswert: Die Familie nimmt sich die Zeit, gemeinsam etwas zu spielen.

Die "verplante" Familie

Von: Doris Blesius | 2. November 2014
Die Kinder gehen zum Fußballtraining, zur Musikschule oder wollen sich mit Freunden treffen, die Eltern müssen Überstunden leisten – der Alltag lässt in vielen Familien kaum noch Raum für Gemeinsames. Mit dem Thema "verplante" Familie beschäftigt sich die "Paulinus"-Lebensberatung.

In einer Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Familie des Jahres 2012 wünschen sich 64 Prozent der befragten Eltern mehr Zeit für die Kinder. 72 Prozent der Väter sind unzufrieden mit der knappen Zeit in der Familie. 67 Prozent der Eltern wünschen sich mehr Zeit für sich, und über die Hälfte der Eltern hätten gerne mehr Zeit für ihre Partnerschaft.

Familien sind heute hohen gesellschaftlichen Anforderungen ausgesetzt. In der Lebensberatung Cochem berichten immer mehr Familien davon, "im Hamsterrad" zu sein, sich "Zuhause nur noch die Türklinke in die Hand zu geben" oder kaum noch "Zeit und Kraft zu haben, miteinander zu reden". Oft melden sich Familien an, die Sorgen mit einem Kind haben oder Verhaltensauffälligkeiten eines Kindes beschreiben. Beispielsweise Familie Müller: Frau Müller (43) meldet sich in der Lebensberatung an, weil sie mit ihrer Tochter Lisa (10) bei den Hausaufgaben oft in Streit gerät und diese sich im weiteren Verlauf des Nachmittags sehr bockig verhält. Außerdem beschwere sich Lisa immer wieder darüber, dass sie kein Smartphone bekomme und sei deshalb oft unausstehlich.

Keine Ruhe bei den Hausaufgaben, bei gemeinsamen Mahlzeiten und Aktivitäten. Die Familie von heute ist oft sehr belastet und gestresst. Eine Vielzahl von Bedingungen können dazu führen, dass das Gemeinsame verlorengeht.

Auch bei Familie Müller zeigt sich, dass es in der Familie nachmittags großen Zeitdruck gibt: Lisa muss bis zu einem bestimmten Zeitpunkt mit den Hausaufgaben fertig sein, weil die Mutter sie dann zum Fußballtraining bringen will. Danach bringt die Mutter noch die Jüngere Tochter zur Musikschule und holt beide Töchter anschließend wieder ab. Zwischenzeitlich muss sie noch den Einkauf erledigen, oft sei sie dann fix und fertig. Wenn der Vater nach Hause kommt und Lisa noch an ihren Aufgaben sitzt, kann das gemeinsame Abendessen nicht stattfinden und der "Haussegen hängt dann richtig schief".

Für den zunehmenden Zeitdruck in Familien gibt es viele Gründe: Die leistungsorientierte Gesellschaft, in der wir leben, beeinflusst den Alltag vieler Familien. Hierbei ist bedeutend, dass Kinder bereits vor Schuleintritt durch gute und schlechte Leistungen bewertet werden. Nicht nur die Schulnoten können bereits Kinder und deren Eltern unter Druck setzen, denn auch im Bereich der Musik oder des Sports legt unsere Gesellschaft viel Wert auf Talent und Übung. Wer nicht mindestens ein bis zwei "sinnvollen" Freizeitbeschäftigungen nachkommt, wird möglicherweise im sozialen Umfeld ausgegrenzt. Die Drucksituation spitzt sich zu, wenn mehrere Kinder in der Familie zu unterschiedlichen Zeiten an verschiedenen Standorten ihre Hobbys ausüben und gefahren werden müssen.

Hinzu kommt, dass häufig das Einkommen einer Person und damit die finanziellen Mittel nicht ausreichen, den heutigen Lebensstandard der Familie zu sichern und die Teilnahme an gesellschaftlichen Aktivitäten zu ermöglichen.

Ein Familienvater muss deshalb Überstunden leisten und die Mutter einen Teilzeitjob ausüben. Die Flexibilisierung der Arbeitszeiten durch längere Öffnungszeiten, vermehrte Schichtarbeit oder Arbeit an den Wochenenden führen dazu, dass geregelte gemeinsame Familienzeiten kaum noch möglich sind. Aufgrund der veränderten Stellung der Frau in unserer Gesellschaft ist es für viele Mütter von Bedeutung, Familie und Beruf in Einklang zu bringen.

Je älter die Kinder werden, desto mehr bekommen soziale Medien Bedeutung. Durch die voranschreitende Informations- und Kommunikationstechnik entsteht ein großer individueller Gestaltungsspielraum, dies stellt die Familie jedoch vor neue Herausforderungen. Vor allem Kinder und Jugendliche können durch die Vielzahl an Angeboten überfordert werden. Die sozialen Netzwerke können weiterhin dazu führen, dass die jüngere Generation stets über die Dinge, die Gleichaltrige tun oder besitzen, Bescheid weiß. Dadurch werden Wünsche oft erst erzeugt. Wenn diese an die Eltern herangetragen und unerfüllbare Forderungen gestellt werden, kann das zu zusätzlichem Stress führen.

In der Lebensberatung geht es zunächst darum, die Situation der Familie zu verstehen und gemeinsam herauszufinden, welche Veränderungen die Eltern und die Kinder sich wünschen und was jedes Familienmitglied dazu tun kann, die Familiensituation so zu verändern, dass sich alle wieder wohler fühlen.

Gespräche können mit jedem einzelnen, den Eltern und mit der Familie stattfinden. Welche Schritte und Wege passend sind, kann von Familie zu Familie ganz unterschiedlich ausfallen. Familien im "Hamsterrad" brauchen insbesondere Unterstützung darin:
  • Stärken und Kraftquellen in der Familie aufzuspüren und mehr in den Blick zu nehmen.
  • Die Wahrnehmung auf die Dinge in der Familie zu richten, „die gut laufen“.
  • Herauszufinden, was sich jedes Familienmitglied für sich und in der Familie wünscht.
  • Regeln, Wünsche und Aufgaben in der Familie auszuhandeln.
  • Familienrituale und Familienzeiten zu finden.
  • Den Berg an zu bewältigenden Aufgaben zu sortieren und überschaubarer zu machen.
  • Entspannungsmöglichkeiten und Strategien des Stressabbaus zu finden.
  • Unterstützungsmöglichkeiten im Umfeld der Familie zu erkennen und zu nutzen.

Familie Müller konnte im Beratungsverlauf erkennen, wo sie sich zu viel vorgenommen hat, welchem Druck sie ausgesetzt ist und was sie verändern kann, damit wieder Ruhe und Zufriedenheit in die Familie kommen kann. Beispielsweise lässt sie sich zwischen den einzelnen Aktivitäten genügend Zeitpuffer, damit den Bedürfnissen nach unverplanter Zeit und Ruhephasen Raum gegeben werden kann. Zudem konnten die Eltern Lisas Patentante dazu gewinnen, einmal in der Woche die Hausaufgaben zu betreuen. In dieser Zeit will die Mutter etwas für sich tun, um "den Akku wieder aufzuladen".

  • Lebensberatung
    Insgesamt gibt es – von Ahrweiler bis Wittlich – 20 Lebensberatungsstellen des Bistums Trier, an die sich jede und jeder Ratsuchende wenden kann.

    Der zuständige Arbeitsbereich im Generalvikariat wird geleitet von Dr. Andreas Zimmer. Kontaktadresse: Lebensberatung im Bistum Trier, Bischöfliches Generalvikariat, Hinter dem Dom 6, 54290 Trier, Telefon (06 51) 71 05-2 79, E-Mail beratung@bgv-trier.de, Internet www.lebensberatung.info.

    Viele weitere Beiträge der Lebensberatung sind in der "Paulinus"-Rubrik „Lebensberatung im Paulinus“ zu finden.



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