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Foto: Christof Haverkamp
Jugendliche bereiten sich in der Lehrküche in Lezhe in Albanien auf eine Arbeit in der Gastronomie vor. Vor allem Badeorte an der Adriaküste locken Touristen an.
Versuch es hier, bevor Du das Land verlässt
Von: Christof Haverkamp | 28. Mai 2023
Damit sie bleiben: Was Renovabis im Westbalkan macht, damit Menschen dort nicht als Arbeitskraft und Familienmitglied
fehlen.
fehlen.
Seinen Vater hat Dodë Gjergji kaum gekannt. Der Bischof aus Pristina ist im Kosovo mit neun Geschwistern aufgewachsen – und mit einer alleinerziehenden Mutter. Sein Vater hat 25 Jahre auf Baustellen in Österreich gearbeitet. Nur Ostern, Weihnachten und den Sommerurlaub verbrachte er bei seiner Familie. „Die Mutter war unsere Chefin“, sagt Bischof Gjergji, der gut Deutsch spricht. Der Vater habe alles finanziert, aber gefehlt. Am 14. Mai war der Bischof aus Pristina Gast in Bremerhaven, bei der Eröffnung der Pfingstaktion des Hilfswerks Renovabis. Vor dem Eisbrecher „Wal“ wurde im Hafen ein Gottesdienst gefeiert, zusammen mit dem Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer und Renovabis-Hauptgeschäftsführer Thomas Schwartz.
Menschen erhoffen sich ein besseres Leben
Die Seestadt war bewusst gewählt, denn Renovabis legt in diesem Jahr den Schwerpunkt auf die Arbeitsmigration aus Osteuropa – und Bremerhaven stieg Mitte des 19. Jahrhunderts zum größten Auswandererhafen Europas auf. Acht Millionen Menschen betraten hier ein Schiff und erhofften sich ein besseres Leben. Sechs Wochen dauerte die Überfahrt bis New York, gefährlich war sie auch. Wer heute aus dem Westbalkan nach Deutschland reist, fliegt sicher und braucht nur zwei, drei Flugstunden.
Noch immer bringen wirtschaftliche Gründe junge Menschen zum Verlassen ihres Heimatlandes, um in Mitteleuropa auf der Baustelle, im Restaurant, im Hotel zu arbeiten. In Albanien liegt das monatliche Gehalt bei weit unter 600 Euro. Bei einer Miete von 300 Euro bleibt einer Familie zum Leben nicht mehr viel übrig.
Weil hierzulande Fachkräfte gebraucht werden, sind sie hochwillkommen. Doch Migration hat Schattenseiten. „Sie fehlen. Immer. Irgendwo“, lautet daher das Motto der Renovabis-Pfingstaktion. Denn Menschen, die ihre Heimat verlassen, fehlen dort nicht allein als Arbeitskräfte – sie fehlen auch in der Familie, den Alten und Kranken, den Kindern.
Moralisch verurteilen will Renovabis die Arbeitsmigration nicht, wie Hauptgeschäftsführer Schwartz erklärt – aber: „Die Menschen, die eigentlich die Zukunft des Landes selbst organisieren könnten und dafür sorgen, dass sich auch Länder weiterentwickeln, die gehen verloren.“ Zudem hat das Herkunftsland viel Geld in die Ausbildung investiert. Renovabis versucht daher, gegenzusteuern. So mit dem Förderprogramm „YourJob“, das 15- bis 29-Jährige durch bezahlte Praktika fit für den Arbeitsmarkt macht und Existenzgründungen junger Unternehmerinnen und Unternehmer finanziell unterstützt.
Zwei Treibhäuser gebaut dank Förderprogramm
Mati Zaguni, in dessen Gärtnerei rote Glanzmispeln wachsen, schätzt ebenfalls das selbständige Arbeiten. Die Anregung für den Anbau der Zierpflanzen fand er in Italien, wo ein Großteil seiner Familie lebt. Heute verschafft der 28-Jährige sechs Menschen Arbeit. „YourJob“ stellte dem Jungunternehmer nach einem ausgefeilten Geschäftsplan Startkapital zur Verfügung. Damit baute er zwei Treibhäuser.
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Info
Die Renovabis-Pfingstaktion steht in diesem Jahr unter dem Motto „Sie fehlen. Immer. Irgendwo. Arbeitsmigration aus Osteuropa“. In den Kollekten am Pfingstsonntag, 28. Mai, wird in allen katholischen Gottesdiensten in Deutschland für das Hilfswerk Renovabis gesammelt. Spenden sind zudem online möglich über die Homepage www.renovabis.de oder per Überweisung auf das Konto IBAN DE24 7509 0300 0002 2117 77, BIC GENODEF1M05 bei derr LIGA Bank eG.
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