Künstliche Intelligenz:Willi Graf als KI in Wadgassen
Im Widerstand gegen Adolf Hitler verlor Willi Graf (1918–1943) sein Leben. Wegen seines Kampfes für die Freiheit wurde er von der NS-Justiz ermordet. Schwarz ist daher der letzte Raum in der Ausstellung „Willi Graf – Ein Leben für die Freiheit“ im Deutschen Zeitungsmuseum Wadgassen, die sein Leben mit mehr als 200 Exponaten neu beleuchtet. Die Tage vor seinem Tod verbrachte er in Haft, das ist auch die letzte Darstellung der Schau.
Eine Bibliothek ist in der Ausstellung ebenso dargestellt, wie eine Szene der illegalen Produktion von Flugblättern gegen die Nazi-Herrschaft. Empfangen werden die Ausstellungsbesucher in einer Nachbildung des beschaulichen, familiären Wohnzimmers in Saarbrücken. Es zeigt die Zeit der Familie vor Krieg, Haft und Ermordung. Auch das Abiturzeugnis des jungen Willi Graf ist ausgestellt.
Graf zeigen wir als Silhouette – das macht klar, dass etwas fehlt.
Burkhard Detzler
Die Besucher können an anderer Stelle auch mit ihm direkt ins Gespräch kommen. Mittels einer KI beantwortet er ihre Fragen. Etwa zwei Meter groß erscheint dabei auf einer Holzwand eine animierte Projektion, die sich mit den Gästen unterhält und aus der Vergangenheit berichtet.
„Das ist unsere Idee für eine zeitgemäße Erinnerungskultur“, sagt Burkhard Detzler. Zusammen mit Mert Akbal hat er für die Ausstellung einen digitalen Doppelgänger des im Alter von 25 Jahren ermordeten katholischen Widerständlers entwickelt. „Graf zeigen wir als Silhouette – das macht klar, dass etwas fehlt.“
Dennoch hat er im doppelten Sinne Tiefe: Graf lässt sich mit der Hand berühren – sein Gesicht und die Körperlinien sind auf dem Holz zu spüren. Auch über sein Leben und die NS-Zeit weiß die KI-Figur zu berichten. „Wir haben dafür die komplette Biografie und weiteres Material über den Alltag eingegeben“, erklärt Medienkünstler Akbal.
Auch ein Wettbewerb für Schulklassen geplant
Graf wurde am 2. Januar 1918 im rheinischen Kuchenheim geboren und zog 1922 nach Saarbrücken. Er engagierte sich unter anderem im katholischen Bund Neudeutschland. Ab 1937 studierte er Medizin, kam 1942 zum Studium nach München. Dort schloss er sich der Widerstandsgruppe der Weißen Rose an.
„Auf einer Schülerliste ist zu sehen, dass Graf nicht in der NS-Jugendorganisation Hitlerjugend war“, erläutert Sascha Boßlet, Literaturwissenschaftler beim Zeitungsmuseum. Für seine illegale Mitgliedschaft in einer kirchlichen Jugendverbindung kam Graf mehrere Wochen in Haft und kam dann nach dem erzwungenen Anschluss Österreichs im Rahmen einer Amnestie aus der Haft. Ein zweites Mal gelang das nicht. Die Nationalsozialisten verhafteten ihn im Februar 1943 und verurteilten Graf zum Tod. Er wurde am 12. Oktober 1943 hingerichtet. Zuvor hat Adolf Hitler am 25. Juni persönlich das Gnadengesuch der Familie Graf abgelehnt.
„Freiheit – Nieder mit Hitler“ hatte die Weiße Rose nach der Niederlage der Wehrmacht in Stalingrad (das heutige Wolgograd in Russland) Anfang Februar 1943 in München an Häuser geschrieben. Und daneben ein durchgestrichenes Hakenkreuz gemalt. In der Schau wird auch eine solche Wand dargestellt.
Christian Göbel, Literaturwissenschaftler beim Zeitungsmuseum, hofft auf viele junge Menschen und Schulklassen, die sich in der Ausstellung mit dem Menschen Willi Graf und der Idee der Freiheit beschäftigen. Es wird auch ein Wettbewerb für Schulklassen veranstaltet.