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Uraufführung:Traditionsreicher Text mit Musik neu ausgedrückt

Das Werkverzeichnis von Joachim Reidenbach ist nicht nur sehr umfangreich, sondern zeigt auch eine große Vielfalt. Jetzt wird das künstlerische Schaffen des Musikers erweitert um sein „Te deum“, das an Silvester in der Basilika St. Paulin in Trier erstmals erklingt.
Proben für das Konzert zum Jahreswechsel: das Vokalensemble St. Paulin mit dem musikalischen Leiter Volker Krebs  (links) und Komponist Joachim Reidenbach (rechts), dessen „Te deum“ uraufgeführt wird.
Datum:
30. Dez. 2024
Von:
Christine Cüppers

Von oben klingt mehrstimmiger Gesang herunter durch das ehrwürdige Treppenhaus der Stiftskurie St. Paulin. „Ah ja, hier sind sie“, sagt Joachim Reidenbach, blättert in den Noten und zeigt die Takte an, die das Vokalensemble gerade einstudiert. „Sehr schön, das klingt schon sehr gut!“, kommentiert er nach kurzem konzentriertem Lauschen. Wer, wenn nicht der Komponist selber, könnte besser beurteilen, was die Sängerinnen und Sänger des Ensembles in dieser zweiten von insgesamt sieben Proben für das Konzert zum Jahreswechsel bereits leisten.

Manchmal fliegt mir die Musik nur so zu, an anderen Tagen ist es enorm schwierig, läuft gar nicht.

Komponist Joachim Reidenbach

Angefangen habe er mit dem Komponieren des „Te deum“ im Januar 2023. Im Laufe seiner Tätigkeit als Kirchenmusiker, Regionalkantor Trier im Bistum, Dirigent und Chorleiter habe er mehrmals unter anderen die berühmten „Te deums“ von Bruckner und Hasse dirigiert. „Dieser vielschichtige, traditionsreiche Text hat mich schon lange und immer wieder gereizt, ihn mit meinen musikalischen Mitteln neu auszudrücken“, erzählt der 77-Jährige. Er wisse natürlich um die Problematik des Textes, den heute kaum noch jemand inhaltlich nachvollziehen könne. Gerade das mache für ihn aber auch den Reiz aus, über die Musik die bis ins vierte Jahrhundert zurückreichenden Textzeilen zum Klingen zu bringen und ihnen damit zu neuem Verständnis zu verhelfen.

Sechs Wochen nach den ersten Skizzen sei die thematische Verarbeitung des Stückes in den Passagen für Chor und Gesangssolisten im Kopf fertig und zu Papier gebracht gewesen. „Dann ging es an die Ausarbeitung für Orgel und Orchester. Diesen Part habe ich am Klavier entwickelt“, schildert der Komponist. Zur Erläuterung seines Vorgehens zeigt er in der Partitur verschiedene musikalische Stilmittel: Chor und Sopransolo singen in einer Art Wechselspiel. An anderen Stellen verwendet Reidenbach Klangschichtungen, legt verschiedene Klänge übereinander. Harmonische Wendungen und Streicher-Vibrati (wiederkehrende geringfügige Frequenzveränderungen im Ton) sind weitere Elemente, die er beim Lesen des Textes schon höre und dann gezielt einsetze. Ebenso wie Merkmale verschiedener Zeitepochen. „Da gibt es etwa ein Seufzermotiv, um das ,Miserere‘ klanglich auszudrücken. Oder den Marsch bei ,Dignare domine‘, womit die Zuversicht hörbar wird.“

Komponieren mit Bleistift, Papier und Radiergummi

„Manchmal fliegt mir die Musik nur so zu, an anderen Tagen ist es enorm schwierig, läuft gar nicht. Da habe ich inzwischen aber auch gelernt, nicht zu drängeln, sondern eher eine Pause einzulegen“, erzählt der Trierer, der sich unter anderem in der Sonderklasse Komposition an der Musikhochschule des Saarlandes das nötige Handwerkszeug erarbeitet hat. Mit Bleistift auf Notenpapier schreibe er seine Werke nieder. „Und natürlich braucht es einen Radiergummi“, ergänzt Reidenbach schmunzelnd. Wenn er mit seiner Arbeit fertig ist, gibt er die Blätter an den Verleger, der das Stück setzt, ausdruckt und dem Komponisten zum Korrigieren vorlegt. „Da sind meist einige kleinere Korrekturen zu machen. Und obwohl es immer wieder Änderungswünsche gäbe, lasse ich in diesem Stadium alles, wie es ist. Es würde ja nicht unbedingt besser. “

Ich bin sehr froh und dankbar, dass wir das machen dürfen.

Volker Krebs, musikalischer Leiter

101 Seiten umfasst das „Te deum“, das der langjährige Regionalkantor für Sopransolo, vierstimmigen gemischten Chor, Orchester und Orgel geschrieben hat. Ein Werk, das „sehr schön zu singen ist“, wie Markus Drehsen urteilt. Der Trierer singt als Tenor im Vokalensemble „immer wieder gerne bei solchen Projekten“ mit. Besonders reizvoll und interessant findet er die verschiedenen herausfordernden Passagen, mit denen man sich als Sänger intensiver auseinandersetzen müsse.

Drehsen und Markus Kleefisch kennen sich vom Trierer Bachchor. „Beim Konzert in St. Paulin kommen wieder andere Menschen zusammen, die eine ganz andere Musikliteratur erarbeiten“, erklärt Kleefisch, ebenfalls Tenor, seine Motivation, zum zweiten Mal an dem Projekt teilzunehmen und sich „mit der teils atonalen, dann aber wieder ins melodische gehenden Komposition“ Reidenbachs zu beschäftigen.

Werk fühlte sich von Anfang an vertraut an

Außerdem habe er sich riesig gefreut, seinen ehemaligen Kollegen Viktor Piel nach Jahren ausgerechnet im Vokalensemble wiederzutreffen. „Ich hatte keine Ahnung, dass er so gut singt“, zollt Kleefisch dem Mitstreiter im Bass Anerkennung.

Der ist „total begeistert“ von dem gesamten Programm des Silvesterkonzertes. „Besonders das Werk von Reidenbach fühlt sich von Anfang an vertraut an“, schwärmt der Sänger, der zu Proben und Aufführung extra aus Mainz anreist. Das Stück sei „keineswegs einfach, aber wenn man es einmal verstanden hat, sehr gut zu singen“. Man merke den Kompositionen von Joachim Reidenbach an, dass er selber Chorleiter war. Traditionelle Elemente verbinde er mit modernen und „versteht es großartig, mit Rhythmen Inhalte zu transportieren“.

Verbundenheit mit der alten Wirkungsstätte

Dass dies in seiner langjährigen Wirkungsstätte als Regionalkantor, in St. Paulin, erstmals zu hören sein wird, empfindet der Komponist als Geschenk. Er dürfe sich „sehr glücklich schätzen“, das „Te deum“ in dem guten Rahmen in der Uraufführung erleben zu können. „Ich bin sehr froh und dankbar, dass wir das machen dürfen“, kommentiert der musikalische Leiter Volker Krebs. Als Nachfolger Reidenbachs freue er sich „auf das Highlight in einem rundum abwechslungsreichen und schönen Programm“. Dass die Uraufführung mit 60 Sängerinnen und Sängern des Vokalensembles, dem Basilikaorchester und den Solisten in St. Paulin stattfinde, sei eine besondere Ehre und zugleich ein „Zeichen der Verbundenheit der Trierer Persönlichkeit Reidenbach mit der Basilika St. Paulin“.

Programm

Beim Konzert zum Jahreswechsel am Dienstag, 31. Dezember, 20 Uhr, in der Basilika St. Paulin in Trier stehen auf dem Programm: die Kantate „Singet dem Herrn ein neues Lied“ von Johann Sebastian Bach, die Sinfonie Nr. 48 von Wolfgang Amadeus Mozart, das Konzert in g-Moll von Francis Poulenc sowie die Uraufführung des „Te Deum“ des Trierer Komponisten Joachim Reidenbach. 3 Es wirken mit das Vokalensemble und der Basilikachor sowie das Basilikaorchester St. Paulin Trier. Solisten sind Silja Schindler, Sopran, Brigitte Gabriel, Alt, Michael Hasselberg, Te[1]nor, Vinzenz Haab, Bariton, und Prof. Karl Ludwig Kreutz, Orgel. Die musikalische Leitung hat Volker Krebs. 3 Karten gibt es im Vorverkauf im Pfarrbüro St. Paulin, Palmatiusstraße 4, Telefon (06 51) 27 08 50, und unter www.ticket-regional.de.

Uraufführung Joachim Reidenbach

Proben für das Konzert zum Jahreswechsel: das Vokalensemble St. Paulin mit dem musikalischen Leiter Volker Krebs  (links) und Komponist Joachim Reidenbach (rechts), dessen „Te deum“ uraufgeführt wird.
17. Dez. 2024