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Hilfsangebote Tabakentwöhnung :Mit Plan die Sucht überwinden

Ein knappes Viertel der Menschen in Deutschland greift regelmäßig zur Kippe – tendenziell immer weniger, doch weiterhin sterben viele Raucher an den Folgen der Sucht. Fachleute wissen, wie das Aufhören gelingen kann.
Man ist auf dem Weg zum Nichtraucher nicht alleine, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hilft ebenso mit Informationsmaterial wie das Gespräch mit dem Arzt.
Datum:
18. Okt. 2024
Von:
Matthias Jöran Berntsen

Der eigene Vater, das Paar nebenan, eine geschätzte Kollegin oder die eigene Person – wohl jeder kennt einen Menschen, der endlich mit dem Rauchen aufhören möchte. Gute Gründe sind bekannt; mehr als 100.000 Patienten sterben pro Jahr an Lungenkrebs. Und allein im Raum Trier mit seinen rund 250.000 Bewohnern gibt es jährlich 400 neue Diagnosen.

Täglich eine Lungenkrebsdiagnose

„Im Durchschnitt teilen wir jeden Tag einem Menschen mit, dass er Lungenkrebs hat, und in neun von zehn Fällen kommt das durchs Rauchen“, berichtet Christian Kaes an einem Septemberabend im Trierer Krankenhaus der Barmherzigen Brüder. Er ist Chefarzt der Pneumologie und berät zusammen mit Ruth Freudenreich, einer zertifizierten Expertin für Tabakentwöhnung, über Wege aus der Sucht. „Raucher haben immer schlechtere Karten“, verdeutlicht er den potenziellen Nichtrauchern. „Bei jeder schweren Erkrankung sind sie schlechter dran als Nichtraucher – Raucher sterben im Schnitt zehn Jahre früher.“

Etwas mehr Frauen als Männer sind in die Klinik gekommen, alle in der Tendenz schon etwas älter –Alter ist auch ein Motiv, um aufzuhören. So möchte der eine das neue Enkelkind ohne Rauchgeruch in den Arm nehmen, die andere die wohlverdiente Rente genießen. „Man ist dann mit anderen zusammen“, ist eine Antwort auf die Frage, warum das Rauchen zum Alltag gehört. „Diese Gewöhnung, das ist das Schlimmste“, eine andere. Oder: „Wenn ich aufhöre, dann nehme ich zu.“

Ruth Freudenreich kennt diese Argumente – und sie kann sie entkräften. „Ja, nach dem Entzug stellt sich der Körper wieder um“, erklärt sie; dadurch kann es zur Gewichtszunahme kommen. „Das Zunehmen lässt sich verhindern, indem rund 200 Kalorien eingespart werden.“

Aufhören kann eigentlich jeder

Das Aufhören sei ein ganzheitlicher Prozess, bei dem sich viele bisherige Gewohnheiten ändern – das Essen gehört dazu. „Beißen sie in einen Apfel, das hilft auch gegen die Lust auf eine Zigarette“, rät sie. „Die Zigarette nach dem Essen lässt sich ersetzen, indem sie sich stattdessen in der Zeit die Zähne putzen gehen.“ Aufhören könne eigentlich jeder, doch der Weg werde kein leichter sein.

Es gilt, sich zwei Wochen vorher einen festen Termin zu setzen und das Umfeld darüber zu informieren.

Ruth Freudenreich

Freudenreich und Kaes raten daher dazu, einen klaren Plan zu machen und nicht von heute auf morgen aufzuhören. „Es gilt, sich zwei Wochen vorher einen festen Termin zu setzen und das Umfeld darüber zu informieren“, betont die Krankenschwester. Danach beginnen die Vorbereitungen: die Rauch-Utensilien wegwerfen und sich mit den „großen A“ vertraut machen: Abhauen aus den Rauchergruppen, Ablenken etwa mit Rätselraten oder Ausweichen aus Situationen, die mit dem Rauchen verbunden werden.

Aus Sicht der Mediziner spricht nichts dagegen, Hilfsangebote für einen Ausstieg zu kombinieren. Von einem Umstieg auf E-Zigaretten raten sie allerdings ab. Tatsächlich helfen könnten Angebote wie Akupunktur, gemeinsame Entzugsgruppen sowie Nikotin-Pflaster oder Spray und spezielle Spritzen. „Das habe ich schon versucht“, lautet ein Einwand aus der Gruppe. Dies sei wie oft im Leben – manches braucht mehrere Anläufe, motiviert Freudenreich.

Ein Wunschzettel an mich selbst

Ein sehr Erfolg versprechendes Mittel sei ein Wunschzettel an sich selbst. Auf diesem werden alle Punkte genannt, die fürs Aufhören sprechen: Bessere körperliche Belastbarkeit kann darauf stehen, dass sich verfärbte Finger und gelbe Zähne bessern, dass der Geschmack beim Essen zurückkehrt – oder das bereits nach einem Tag wieder sinkende Herzinfarkt-Risiko. „Ihre starken Gründe werden sie leiten“, versichert Freudenreich. „Und dann halten sie auch die Welle aus, wenn sie den Drang zum Rauchen verspüren.“ Nach drei bis fünf Minuten sei ein solcher Schub überstanden.

Nur der wirkliche Wille zählt

„Sie alle, die sie hier sind, haben die entscheidende Voraussetzung, um von der Zigarette wegzukommen – ihren Willen“, so ermutigt Lungenexperte Kaes dazu, die getroffene Entscheidung zum persönlichen Rauchstopp umzusetzen. „Hören Sie auf, denn jeder neue Nichtraucher ist wieder ein gewonnener Mensch.“ Eigentlich wüssten Raucher über die Schädlichkeit der Sucht Bescheid – nicht nur für die Gesundheit. „Sie sparen im Schnitt als neuer Nichtraucher rund 2000 Euro im Jahr.“