Kommunikation hilft Kindern

Ein Paar meldet sich zur Beratung an. Seit der Geburt ihres nun siebenjährigen Sohnes erlebt die Mutter immer wieder psychotische Episoden. Die Eltern möchten wissen, welche Unterstützung in ihrem Fall sinnvoll ist.
Kinder von psychisch kranken Eltern gelten als Hochrisikogruppe. Die Wahrscheinlichkeit, später selbst zu erkranken, liegt um etwa viermal höher als bei Kindern aus nicht betroffenen Familien. Je mehr Eltern ihre eigene Erkrankung als belastend empfinden, umso höher steigt das Risiko für ihre Kinder, selbst Symptome psychischer Störungen zu entwickeln. Zudem beeinflussen Eigenschaften des Kindes sowie inner- und außerfamiliäre Gegebenheiten des Aufwachsens die Wahrscheinlichkeit einer späteren Erkrankung.
Die mit der elterlichen Erkrankung verbundenen Begleitumstände führen zu einer Destabilisierung des gesamten Familiensystems. Neben einer Versorgung der Familie durch Jugendamt und Psychiatrie bieten Lebensberatungsstellen hier sowohl wirksame präventive als auch protektive Hilfen an. Die Berater kennen die kurz- als auch langfristigen Folgen, die sich durch die Problematik der Erkrankung für das Familiengefüge und seine einzelnen Mitglieder ergeben.
Betroffene Kinder wachsen in einem Umfeld mit ganz besonderen subjektiven Beeinträchtigungen auf. Ein pathologischer Entwicklungsverlauf wird unter anderem begünstigt durch:
- unsichere Bindungsformen aufgrund häufig labiler Zuverlässigkeit des erkrankten Elternteils,
- überfordernde Rollenzuschreibungen – Kinder sind oft gezwungen, die Rolle des sich Kümmernden in der Familie einzunehmen,
- belastende Gefühle durch den Druck, den Eltern gegenüber loyal sein zu müssen,
- Isolierungstendenzen, weil Kinder sich oft wegen des erkrankten Elternteils schämen,
- Tabuisierungsgebote.
Es gibt wenig Platz für die Bildung von Ressourcen. Viele hilfreiche Aspekte, die diese Kinder und Jugendlichen brauchen, um ihre Fähigkeiten zur Problembewältigung und psychische Widerstandsfähigkeit (Resilienz) zu entwickeln, können von den Beratungsstellen bedient werden.
Dazu gehören die Befriedigung des Bedürfnisses nach alters- und entwicklungsspezifischer Wissensvermittlung über die elterliche Krankheit, Selbstwert aufbauende und Emotionen regulierende Kommunikation und der Erwerb von situationsadäquaten Bewältigungsstrategien und das zuverlässige Dasein eines vertrauenswürdigen Außenstehenden. Eine besondere kompensatorische Rolle kommt dem gesunden Elternteil in der Familie zu, denn er steht für Stabilität als auch Schutz gegen die vielen Stressoren zugleich. Lebensberatung dient hier der Stütze und bietet längerfristig angelegte Begleitung der Eltern zum Beispiel durch Vermittlung von Wissen über die Erkrankung.
So genannte Epigenetische Studien führen an, dass belastende Lebenserfahrungen ungünstige genetische Dispositionen wirksam werden lassen.
Im Umkehrschluss dazu bestärkt dies Lebensberatungsstellen im Rahmen der Frühen Hilfen präventiv aktiv zu sein. Der Resilienzfaktor „Sichere Bindung“ wird zudem durch die Arbeit an einem liebevollen und kompetenten Umgang in der Familie unterstützt.
Die generell eher dezente Bereitschaft der Familien, sich nach außen zu zeigen, kollidiert mit dem Stellen von Anträgen, dem möglicherweise unangenehmen Aufsuchen von Ämtern und dergleichen.
Dem entgegen verfügen Lebensberatungsstellen über ein niedrigschwelliges Angebot und erleichtern somit eine einfache Inanspruchnahme ihrer hilfreichen, gebührenfreien Dienste.