Papstreise:Extreme Erfahrungen
Von Hochhäuser und Blechhütten, Autosmog und Urwälder, extreme Ordnung und unkontrollierte Gewalt – die vier Länder auf Franziskus’ längster Papstreise könnten unterschiedlicher kaum sein. Doch gemeinsam haben sie das erklärte große Ziel des 87-jährigen Kirchenoberhaupts: an die Ränder gehen.
In Indonesien waren es die Ränder der Kirche – nur etwa drei Prozent der rund 280 Millionen Indonesier sind Katholiken. So war Franziskus besonders an der Verständigung mit dem Islam gelegen. Gegen religiösen Extremismus, Gewalt und Terror suchte er den Schulterschluss mit Großimam Nasaruddin Umar. Der bislang symbolträchtigste Moment der Reise war der emotionale Abschied der beiden Gottesmänner – der Imam küsste den Papst auf den Kopf, dieser im Gegenzug seine Hand.
Einsatz gegen Gewalt und Umweltzerstörung
Zuvor hatten sie die „Erklärung von Istiqlal“ unterzeichnet. Gemeinsam mit anderen Religionsgemeinschaften rufen sie darin zum Einsatz gegen Gewalt und Umweltzerstörung auf. Aus Sicherheitsgründen fand das interreligiöse Treffen in einem Zelt vor der Unabhängigkeitsmoschee in Jakarta statt, nicht im Gotteshaus selbst. Auch die angekündigte Begehung des „Tunnels der Freundschaft“, der Moschee und katholische Kathedrale auf der anderen Straßenseite verbindet, wurde kurzfristig abgesagt.
Die Schutzmaßnahmen waren nicht unbegründet. Zu Beginn des Papstbesuchs in Indonesien hatte die Polizei sieben Personen festgenommen, die einen Anschlag auf den Papst geplant haben sollen. Einige Verhaftete stehen der Terrorgruppe IS nahe, als mögliches Motiv wird deren Zorn über den Papst-Besuch in der größten Moschee Südostasiens genannt.
Während die Sicherheitskräfte noch ermittelten, hatte sich Franziskus mit einer Messe im Nationalstadion von Indonesien verabschiedet. Die rund 100 000 Teilnehmer waren aus verschiedenen Regionen in die Hauptstadt gereist. Ansonsten sorgte der Papstbesuch nur selten für Menschenaufläufe in der riesigen Metropole mit ihrem chronischen Verkehrschaos.
Das änderte sich dramatisch bei der nächsten Station, im Pazifikstaat Papua-Neuguinea. Es war stockfinster, als die Maschine aus der pulsierenden und versmogten Millionenmetropole Jakarta kommend im rund 300 000 Einwohner zählenden Port Moresby landete. Die öffentliche Beleuchtung in dem an Rohstoffen reichen, aber stark verschuldeten Papua-Neuguinea ist spärlich, die Straßen gefährlich. Trotzdem kamen Hunderte Menschen, um das katholische Kirchenoberhaupt zu begrüßen.
In dem überwiegend christlichen Papua-Neuguinea ist der Papst ein Star, die katholische Kirche unersetzlich. Sie betreibt viele Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen, kümmert sich um benachteiligte Menschen wie Straßenkinder. Vielerorts fehlt es in dem an Infrastruktur armen Land am Nötigsten, Menschen sterben früh, weil selbst eine medizinische Minimalversorgung fehlt. Großkonzerne roden mit dem Holz der Wälder auch die Lebensgrundlage vieler Bewohner. Gewalt zwischen verschiedenen Volksgruppen, gegen Kinder und Frauen ist Alltag.
Eine Tonne Medikamente und lebenswichtige Güter
Das ermutigte den Papst zum einen, von seinem Redetext vor den politischen Vertretern des Landes abzuweichen und auf die tragende Rolle von Frauen in der Gesellschaft hinzuweisen. Zum anderen brachte er tatkräftig und pragmatisch eine Tonne Medikamente und lebensnotwendige Güter in den abgelegenen Küstenort Vanimo an der Grenze zu Indonesien. 20 000 Menschen waren dorthin gekommen, um das Kirchenoberhaupt zu erleben – und er ließ sich von ihrer Begeisterung anstecken.
Auch auf der zweiten Hälfte der Reise erwarteten den Papst scharfe Kontraste: Am 9. September begrüßte ihn das arme und kinderreiche Osttimor, wo ihm riesige Menschenmassen zujubelten; zum Schluss stand der wohlhabende und mit strengen Gesetzen regierte Stadtstaat Singapur auf dem Programm der Reise (Bericht folgt).
Franziskus hat auf dieser Mammut-Reise erstaunliches Durchhaltevermögen gezeigt. Neben den verschiedenen Ländern und Kulturen und manchmal chaotischen Verhältnissen vor Ort war der Wechsel der klimatischen Bedingungen die größte Herausforderung. Hitze, Smog, Wind, extreme Luftfeuchtigkeit. Doch der bald 88-Jährige verlängerte fast alle anberaumten Termine und verließ keine Veranstaltung, ohne sich lange und herzlich von den Menschen zu verabschieden.