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Großeltern:Es gibt kein richtig oder falsch

Viele Großeltern wünschen sich ein gutes Verhältnis zu ihren Enkelkindern. Und oft sind sie zur Betreuung mit eingeplant. Sie sollen aber nicht miterziehen: Oma und Opa können eine ganz eigene und wertvolle Beziehung zu den Enkeln aufbauen.
Das Miteinander mit Enkeln bringt Vorteile für Jung und Alt.
Datum:
13. Okt. 2023
Von:
Andrea Kohlhoff

Wenn die eigenen Kinder Eltern werden, ist in der Regel die Freude bei den künftigen Großeltern groß. Die meisten Großmütter und -väter möchten ihr Enkelkind sehen und rechnen auch damit, dass sie zur Betreuung mit einbezogen werden. Dabei gilt es verschiedene Dinge zu beachten, wie Silke Geercken in ihrem Buch „Wir werden Großeltern“ schreibt. Geercken nennt es ein „Handbuch für eine besondere Beziehung“ und gibt viele gute Tipps. 

Die Autorin, die selbst vier Enkelkinder hat, warnt davor, die jungen Eltern gleich nach Geburt des Kindes zu überfallen. Möglicherweise braucht die Familie erst einige Zeit für sich, dann findet der erste „Besichtigungstermin“ eben erst nach 14 Tagen statt. Denkbar aber auch, dass die Großeltern zur Unterstützung der Mutter im Wochenbett helfen.  

Auch wenn ein Geschwisterkind zu betreuen ist, so können Großeltern mit dem älteren Kind etwas unternehmen. Sie können den Einkauf erledigen, damit der Kühlschrank gefüllt ist, eine warme Mahlzeit vorbeibringen oder sogar kochen, backen oder putzen, solange ihre Anwesenheit nicht stört.  

Gute Bindung zum Enkelkind aufbauen 

Aus der Bindungsforschung ist bekannt, dass Kinder zu verschiedenen Betreuungspersonen eine Bindung aufbauen können, nicht nur zur Mutter. Wenn das Kind gestillt wird, ist für den Säugling bei der Nahrungsaufnahme die Mutter die Hauptperson.  

Die Flasche geben, das Kind hochnehmen und trösten, wickeln, tragen und beruhigend mit ihm sprechen können aber auch Vater, Großeltern, Onkel und Tanten. Oma und Opa sind oft sogar besonders geduldig, denn sie haben mehr Zeit, wenn sie nicht mehr in berufliche Zwänge eingebunden sind. 

Um eine gute Bindung zum Enkelkind aufzubauen, ist es gut, sich regelmäßig zu sehen und gemeinsam etwas zu unternehmen. Zunächst kann man dem Kind vorsingen und Reime aufsagen, später mit auf den Spielplatz gehen, dann kommen kleine Ausflüge hinzu, in den Streichelzoo oder ins Spielparadies. Großeltern können mit dem Kind auch zum Schwimmkurs gehen, Radtouren unternehmen oder im Wald herumstromern.  

Die Unternehmungen müssen nicht aufwendig sein, das Schönste ist einfach die geschenkte Zeit: mit dem Enkelkind auf dem Sofa sitzen und vorlesen, ihm zuhören, wenn es aus dem Kindergarten oder der Schule erzählt, seine Interessen ernst nehmen. Um eine gute Bindung zum Enkelkind aufzubauen, sind also Zeit und Zuwendung nötig. Autorin Silke Geercken schreibt: „Gut zu wissen: Geschenke bauen keine Bindung auf. Das kleine Kind weiß noch nichts von Geld und Besitz und kann daher den Wert eines Geschenks gar nicht ermessen.“ 

Wenn Großeltern in die Betreuung des Kindes eingebunden sind, ist es ratsam, sich gut vorzubereiten. Wer einen Erste-Hilfe-am-Kind-Kurs besucht hat, fühlt sich sicherer. Es sollten Notfallnummern sowie die Telefonnummer der Giftnotrufzentrale vorhanden sein. Beim Wickeln muss man aufpassen und verhindern, dass das Baby vom Wickeltisch fällt. 

In der Kleinkindzeit sollte man die Wohnung kindersicher machen, Steckdosenschutz anbringen, Herdplatte absichern, untere Schubladen nur mit ungefährlichen Gegenständen befüllen. Wo keine Tischdecke liegt, kann sie auch kein Kind mitsamt der Vase herunterziehen. Und der Messerblock hat auf dem Küchentisch in Reichweite des Kinderhochstuhls nichts zu suchen.  

Die Autorin gibt den Lesern und Leserinnen in ihrem Buch eine umfassende Checkliste an die Hand, wie die Wohnung kindgerecht umgestaltet werden kann. Im Garten sollte man das Kleinkind nie unbeaufsichtigt lassen.  

Manche Dinge gibt es nur bei Oma und Opa 

Zu den Großelternnachmittagen gehören die Dinge, die es nur bei Oma und Opa gibt. Es ist aber überflüssig, das Kind maßlos zu verwöhnen, mit Süßkram vollzustopfen und stundenlanges Fernsehen zu erlauben. Großeltern können darauf achten, dass das Kleinkind nur altersgerechte Kekse bekommt, die auch zu Hause erlaubt sind, und dass auch die anderen Ernährungsregeln beachtet werden. Zum Beispiel, wenn das Kind vegetarisch essen soll. Der Teller sollte nicht übervoll sein. Besser, das Essen wird in kleineren Portionen aufgetan. Kleinere Kinder sind mit Eifer dabei, wenn sie beim Kochen und Backen helfen dürfen. Die Oma hat Zeit und schimpft nicht, wenn das Ei für den Pfannkuchenteig daneben geht. Wenn es einen Garten gibt, können die Kinder im Herbst helfen, das Laub zusammenzuharken. Es müssen nicht immer besonders aufwendige Aktionen stattfinden. Bei allen Aktivitäten: Großeltern sollten Konkurrenz vermeiden und darauf achten, kein Enkelkind zu bevorzugen, nur weil einige weiter weg wohnen. Und sie sollten auch nicht in Konkurrenz mit den anderen Großeltern treten. 

Großeltern, die sich verpflichtet haben, den Enkel an jedem Mittwoch von der Kita abzuholen, können das nicht spontan ändern. Sie müssen verlässlich sein. Wer das nicht leisten kann, sollte es frühzeitig kommunizieren. Bei einer Betreuung sollten sie mit wichtigen Vollmachten ausgestattet sein, etwa wenn man mit dem Kind ins Krankenhaus muss und etwas zu entscheiden ist.  

Die Erziehungshoheit liegt bei den Eltern 

Auch steuertechnisch gibt es Möglichkeiten: Die berufstätigen Eltern können den Großeltern ein Entgelt zahlen und das bei der Steuer unter Sonderausgaben absetzen. Außerdem können sie sich an Fahrtkosten beteiligen.  

Oma und Opa sollten ihre Kinder nie unangemeldet besuchen und außerdem anerkennen, dass die Erziehungshoheit bei den Eltern liegt. Familienregeln wie Zähneputzen nach dem Essen oder kein Fernsehen nach 20 Uhr gelten auch, wenn die Enkel bei den Großeltern übernachten.  

Auch wenn sie es gut meinen – Großeltern sollten Hinweise aus ihrer eigenen Elternzeit vermeiden. Vieles, was früher üblich war, ist heute anders. Zu den Sätzen, die man besser nicht sagt, zählen zum Beispiel: „Wie lange willst du denn noch stillen?“ oder: „Wie, du stillst das Kind nicht?“ – Ob der Säugling Muttermilch oder industriell hergestellte Säuglingsmilch erhält, liegt im Ermessen der Mutter und muss nicht kommentiert werden. „Schläft das Baby schon durch?“ / „Schläft das Kind immer noch im Elternbett?“ Wo das Kind die Nacht verbringt, entscheiden die Eltern. Jedes Kind ist anders, es gibt kein richtig oder falsch.