Tag des offenen Denkmals : Ein verstecktes Kleinod
Man muss beinahe nach ihr suchen. Versteckt in einem kleinen Seitental der Mosel steht die ehemalige Synagoge Bruttig. Das kleine Haus im klassizistischen Stil am Fuße der St. Margaretenkirche hat eine bewegte Geschichte hinter und hoffentlich vor sich. Nur die Tatsache, dass sie zum Zeitpunkt der Reichspogromnacht keine Synagoge mehr war, rettete sie wohl vor der Vernichtung.
Aber von vorn: Erbaut wurde das Gebäude als Kelterhaus mit Weinkeller um 1495. Die damals große und aktive jüdische Gemeinde erwarb das Gebäude um 1748, da es zur Errichtung einer Synagoge mit Mikwe, dem rituellen Tauchbad, geeignet war. Da an der Felswand des Weinkellers stets ein kleines Rinnsal aus dem Fels läuft, konnte man dieses „lebendige Wasser“ in einen Vorkeller leiten. Der konnte dank Ablauf und einem ausgeklügelten Heizsystem in den nachfolgenden Jahren zur Mikwe ausgebaut werden. 1885 waren die Synagoge und die Mikwe fertiggestellt.
Bestand die jüdische Gemeinde 1835 noch aus rund 50 Mitgliedern, schrumpfte sie in den folgenden Jahren. So wurde das Gebäude als Finanzhilfe für die Ausreise 1938 an einen Winzer verkauft, der einen Großteil des Inventars veräußerte und die Mikwe zuschüttete. Zur Zahlung des Kaufpreises kam es nicht mehr. In den Kriegstagen traf eine Brandbombe das Dach des Hauses und zerstörte die Frauenempore und den hinteren Teil des Daches. Erst 1953 leistete der Winzer eine Ausgleichszahlung.
Förderverein füllt sein "Schmuckstück" mit Leben
Nach der Nutzung als Lagerhaus verfiel es mehr und mehr. 2005 erwarb die Gemeinde Bruttig das Gebäude, nachdem man erkannt hatte, welch architektonischer und historischer Schatz unter der herunterbekommenden Fassade steckt. Mit viel Fleiß einiger Bruttiger Bürger und finanzieller Förderhilfe konnten der originalgetreue Zustand des Betsaals, der Frauenempore und der Mikwe wieder herstellt werden. Hierbei halfen unter anderen Studentinnen und Studenten der Fachhochschule Wiesbaden.
Ein aktiver Förderverein füllt seit 2015 sein „Schmuckstück“, wie die ehemalige Synagoge liebevoll genannt wird, mit allerlei Leben und organisiert vielfältige Veranstaltungen. Auf der kleinen Bühne vor etwa 40 Sitzplätzen finden in regelmäßigen Abständen Konzerte, Lesungen, Vorträge und kleine Theaterstücke statt. Unter anderen gastierte TV-Schauspieler Axel Pape mit einem Bühnenprogramm im „Haus der Kultur und Begegnung“.
Jüdisches Alltagsleben näherbringen
Der Förderverein leistet zudem umfängliche Erinnerungsarbeit, engagiert sich um die Geschichte jüdischen Lebens im Ort und an der Mosel und führt Interessierte in der Synagoge. Nicht zuletzt wollen die Förderer der Bevölkerung das jüdische Alltagsleben näherbringen, wofür sie unter anderem in der ehemaligen Synagoge einen Abend mit koscherem Essen veranstalteten.
Auch am „Tag des offenen Denkmals“ am Sonntag, 8. September, wird der Förderverein von 11 bis 18 Uhr die Pforten der ehemaligen Synagoge in der Mühlenbachstraße öffnen und bei Führungen und Gesprächen sowie Kaffee und Kuchen die Bedeutung des besonderen Ortes erläutern.
Außerdem sind in diesem Jahr noch ein Vortrag über die Rückgabe des „Moselgeschirrs“ in die USA, das zwei Personen-Theaterstück „Heilig Abend“ mit dem Theaterverein Kaisersesch sowie der traditionelle „Nachmittag im Advent“ mit Glühwein, Livemusik und Gesprächen geplant.